Nach Seehofer-Vorstoß: Politik und Hersteller sind in der Pflicht
Zur Lösung der Luftprobleme durch Dieselfahrzeuge in Großstädten ist nach Ansicht des Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer ein Gipfel von Bund, betroffenen Ländern und Autobauern nötig. Am heutigen Mittwoch hat sich Seehofer mit den Vorständen der bayerischen Fahrzeughersteller BMW, Audi und MAN in München getroffen. Der ADAC begrüßt diesen Vorstoß und fordert, dass alle technischen Maßnahmen und verkehrliche Optimierungen auszuschöpfen sind, um Fahrverbote zu vermeiden.
„Wir begrüßen die Initiative von Ministerpräsident Seehofer, die Hersteller jetzt in die Pflicht zu nehmen“, sagt Florian Hördegen, stv. Leiter des Fachbereichs Verkehr/Technik/Umwelt im ADAC Südbayern. „Die technische Umrüstung für Euro 5 und Euro 6-Fahrzeuge (Softwareupdates oder Nachrüstung von SCR-Kats) wären ein wichtiger Baustein, die Luft in den Städten sauberer zu machen und künftig Fahrverbote zu vermeiden.“ Zur Verdeutlichung: Euro 5-Fahrzeuge konnten bis zum 31. August 2015 als Neufahrzeuge zugelassen werden. diese Autos stellen für ihre Besitzer einen erheblichen Wert dar, der durch Fahrverbote nun massiv gefährdet sei. „Die Hersteller müssen Nachrüstsysteme ohne Kostennachteile für den Verbraucher anbieten“, stellt Hördegen klar. „Die Industrie und die Politik sind hier jetzt massiv gefordert. Die Autobesitzer dürfen nicht die Zeche für die Versäumnisse anderer zahlen.“ Die Verhältnismäßigkeit gegenüber Diesel-Fahrzeugen im Bestand müsse gewahrt bleiben, betont Hördegen.
Der Automobilclub lehnt generelle Fahrverbote auf Basis von neuen Umweltplaketten als unverhältnismäßig ab. Lokale Fahrverbote müssen, sofern rechtlich überhaupt zulässig, verhältnismäßig und sinnvoll, anhand der spezifischen ortlichen Gegenheiten abgewogen werden. Sollte es dazu kommen, müssten seitens der Politik und der Automobilindustrie Kompentsationsmöglichkeiten, finanzielle Anreize oder Förderungen für die betroffenen Autofahrer geschaffen werden. Eines stellt auch der ADAC heraus: Zur Einhaltung der EU-Immionsgrenzen muss die Luftbelastung in den Städten reduziert werden, die Gesundheit der Bevölkerung rangiere vor den Interessen der individuellen Mobilität.
Verbote auf dem Rücken der Verbraucher sind keine Lösung
Der ADAC Südbayern mahnt seit Beginn dieser Debatte zur Besonnenheit. „Verbote auf dem Rücken der Verbraucher sind keine Lösung, es braucht gerade für München konstruktive und weitsichtige Lösungsansätze, etwa beim Ausbau und der Modernisierung des Nahverkehrs auf Straßen und Schienen“, betonte Florian Hördegen, stellvertretender Leiter des Fachbereich Verkehr/Technik/Umwelt beim ADAC Südbayern. Das Thema hatte in der vergangenen Woche an Brisanz gewonnen, nachdem der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) wegen der hohen Stickoxid-Belastung mit einem Einfahrverbot in die Münchener Umweltzone gedroht hatte.
Der ADAC sieht folgende Lösungsansätze
Konkret fordert der ADAC Südbayern einen Ausbau der S-Bahn: Vor 40 Jahren wurde die Münchner S-Bahn in Betrieb genommen. Sie war damals für 250.000 Fahrgäste pro Werktag konzipiert. Mittlerweile steigen täglich mehr als dreimal so viele Personen in die acht S-Bahnlinien mit 150 Haltestellen ein. Ein attraktiver ÖPNV-Ausbau kann die laut einer ADAC Umfrage ohnehin schon auf Platz 1 liegenden Münchner in puncto Nutzung Öffentlicher Verkehrsmittel also noch mehr zum Umstieg bewegen. „Auch der Anschluss an den Münchner Flughafen muss deutlich verbessert und ausgebaut werden“, sagt Hördegen.
„Auch die Nutzung alternativer Antriebe in Fahrzeugflotten mit hoher innerstädtischer Fahrleistung ist eine sinnvolle und wirksame Maßnahme zur Reduzierung der Schadstoffe durch den Pkw-Verkehr“, so Hördegen.
Hier leistet der ADAC Südbayern schon seit 2010 einen Beitrag für bessere Luft in München: in dem Münchner Eco-Taxi-Pilotprojekt werden besonders umweltschonende Taxifahrzeuge vom ADAC Südbayern ausgezeichnet. Inzwischen gibt es rund 300 zertifizierte Umwelttaxis, welche kaum Stickoxide oder Feinstaub ausstoßen. Derzeit ist ein Projekt des ADAC Südbayern mit der Landeshauptstadt München, dem Flughafen und der Messe in Vorbereitung. Dieses soll die Etablierung von Elektro-Taxis fördern.
„Auch die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) kann einen großen Beitrag zur Reduzierung der Schadstoffe leisten“, stellt Hördegen fest. So wäre eine Umstellung des Busnetzes von Diesel auf Erdgas eine wirksame Maßnahme sein. Als positives Beispiel sind hier die Stadtwerke Augsburg zu nennen: Seit 2011 wird die gesamte Busflotte mit Bio-Erdgas aus agrarischen Abfällen angetrieben. Auch Busse mit Wasserstoffantrieb kommen in Großstädten bereits in Busflotten zum Einsatz. Beispiel Bozen: Hier sind die Wasserstoffbusse als ein Teil des EU-Demonstrationsprojektes „Clean Hydrogen in European Cities (CHIC) bereits seit Ende 2013 in der Innenstadt unterwegs. Der ADAC weist auch wiederholt darauf hin, dass CNG-Fahrzeugmodelle (Erdgas) in ausreichender Auswahl zu bezahlbaren Preisen auf dem Markt angeboten werden müssen.
Weitere Maßnahmen könnten sein:
- Verkehrsverflüssigung durch Einsatz von „Grünen Wellen“, adaptiver Verkehrssteuerung und intelligenten Verkehrsleitsystemen.
- Neue Diesel-Fahrzeuge müssen mit wirksamer und modernster NOx-Minderungstechnik ausgestattet sein.
- Realitätsnahe Abgasprüfzyklen und möglichst zeitnahe Einführung zusätzlicher Messungen im Realbetrieb mit strengem Konformitätsfaktor.
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