ADAC Mobilitätsumfrage Bayern 2023
Bevölkerung wünscht sich Anreize zum Umstieg statt Verbote
München. Politik, Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten daran, die Mobilität von morgen zu gestalten und sie vor allem nachhaltiger zu machen. Doch wie stehen die bayerischen Bürgerinnen und Bürger zu Mobilitätsfragen? Wie sind sie heute mobil, wie schätzen sie ihre zukünftige Verkehrsmittelnutzung ein und was wünschen sie sich für die Zukunft? Diesen und weiteren Fragen geht der ADAC in Bayern mit einer repräsentativen Mobilitätsbefragung auf den Grund.
Gut 2000 Menschen zwischen 18 und 79 Jahren wurden dazu Anfang Mai online zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt. Die wesentlichen Ergebnisse: Das Auto ist weiterhin das meistgenutzte Verkehrsmittel in Bayern und wird es nach Einschätzung der Befragten auch in Zukunft bleiben. Denn nach wie vor fehlt es an Alternativen – vor allem auf dem Land. Für die Mehrheit steht zudem fest: Der Mobilitätswandel gelingt nur mit Anreizen, nicht mit Verboten. So besteht ein Konsens darüber, dass Mobilität nachhaltiger werden muss, jedoch nicht wesentlich verteuert werden darf. Umgesetzt und ausgewertet wurde die Umfrage vom renommierten Institut für Sozialwissenschaft GmbH (infas), das auch landes- und bundesweite Befragungen zur Mobilität durchführt.
„Mit der Mobilitätsumfrage 2023 haben wir ein umfassendes Bild der Verkehrsmittelnutzung und der Mobilitätsbedürfnisse im Freistaat vorliegen. Mobilität sichert gesellschaftliche wie wirtschaftliche Teilhabe. Die Mobilität von morgen darf daher nicht an den Bedürfnissen der Menschen vorbei gehen. Es darf nicht darum gehen, sie einzuschränken oder einzelne Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen. Vielmehr muss es gelingen, innovative Lösungsansätze zu finden, die von der Breite der Gesellschaft mitgetragen werden und die Umwelt entlasten“, erklärt Alexander Kreipl, Verkehrsexperte des ADAC Südbayern. „Die Ergebnisse zeigen klar, es herrscht Sensibilität und Veränderungsbereitschaft hinsichtlich Klimaschutz. Ganz entscheidend ist aber die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit der Verkehrsmittel. Im Sinne der Verbraucher und der Umwelt braucht es daher passende Mobilitätslösungen für Stadt und Land sowie eine bessere Vernetzung der unterschiedlichen Verkehrsträger“, so Kreipl weiter.
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick
Auto unangefochten Verkehrsmittel Nummer 1
Das eigene Auto ist mit 78 % das wichtigste Verkehrsmittel in Bayern. Gefolgt vom Fußweg (54 %) und der Nutzung von Fahrrädern (37 %). Der öffentliche Verkehr folgt mit 33 % erst auf dem vierten Rang.
Verfügbarkeit ist entscheidendes Kriterium für Wahl des Verkehrsmittels
Bei der Wahl des Verkehrsmittels spielt die Verfügbarkeit die entscheidende Rolle, vor Schnelligkeit und Zuverlässigkeit. Umweltaspekte sind nur für weniger als einem Drittel der Befragten relevant – und das mit vergleichsweise geringen Abweichungen zwischen Stadt und Land. Größere Abweichungen gibt es hier lediglich bei den Kosten (50 % Stadt versus 39 % Land) sowie der Berücksichtigung von Umweltaspekten (33 % Stadt versus 22 % Land). Diese Ergebnisse stehen im Einklang damit, dass es auf dem Land wenige Mobilitätsalternativen gibt. Die Menschen haben daher nur in begrenztem Maße die Möglichkeit, Kosten- und Umweltgesichtspunkte in ihre Verkehrsmittelwahl einfließen zu lassen. So gaben auf dem Land auch nur 20 % der Befragten an, ihr Wohnort sei gut an den öffentlichen Verkehr angebunden (in der Stadt stimmen 57 % dieser Aussage zu). Gleichzeitig nennt die Landbevölkerung überdurchschnittlich oft die Mobilitätskosten als größtes Ärgernis (24 % auf dem Land versus 16 % in der Stadt). Damit der Mobilitätswandel gelingt, muss daher noch mehr als bisher der Fokus auf dem Land liegen.
Auto bleibt auch in Zukunft unverzichtbar
Mit Blick auf die Zukunft gibt gut ein Drittel der Befragten an, das Auto zukünftig seltener zu nutzen. Die Verschiebung fällt hier vor allem zu Gunsten der Nutzung von Öffentlichen Verkehrsmitteln sowie des Fahrrads aus, das Dank elektrischer Unterstützung als E-Bike und Pedelec für immer mehr Menschen zum attraktiven, alternativen Fortbewegungsmittel wird.
Ganz auf das Auto zu verzichten können sich unter den jetzigen Kfz-Nutzern lediglich 16 % vorstellen, wobei die Bereitschaft dazu bei den jüngeren Generationen sowie in der Stadt etwas ausgeprägter ist als auf dem Land oder bei älteren Menschen. Als Gründe werden von 56 % der Befragten der Mangel an Alternativen angeführt. Für jeden Zehnten kommt ein Verzicht aufs Auto aus Prinzip nicht in Frage.
Anreize statt Verbote und Verteuerungen
Um Umwelt- und Klimaschutz zukünftig besser gerecht zu werden, wünschen sich die Befragten vor allem mehr Anreize für einen Umstieg auf nachhaltigere Mobilitätsformen (55 %). Mobilitätseinschränkungen sind nur für 18 % das Mittel der Wahl. So ist sich die Mehrheit der Befragten auch einig darüber, dass Mobilität nachhaltiger werden muss, dabei jedoch nicht wesentlich verteuert werden darf (63 %). Lediglich 7 % geben an, Mobilität dürfte zukünftig auch mehr kosten.
An konkreten Maßnahmen für eine nachhaltigere Mobilität der Zukunft wünschen sich die Befragten den weiteren Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel (58%) sowie der Ladeinfrastruktur für alternative Antriebe (42%) und finanzielle Zuschüsse für Fahrzeuge mit alternativen Antriebsformen (41%). Die Förderung des Radverkehrs folgt erst auf dem vierten Rang (35%).
Innerdeutsches Reisen: Eigenanreise mit Auto ist erste Wahl
Auch das Mobilitätsverhalten im innerdeutschen Urlaub wurde im Rahmen der Befragung erfasst. Knapp die Hälfte der Befragten (49 %) ist in 2022 mindestens einmal innerhalb Deutschlands in den Urlaub (mindestens fünf Tage) gefahren. Ein besonders große Reiseaktivität im Inland ist dabei bei den 18- bis 29- Jährigen zu verzeichnen, von denen 57 % im Vorjahr einen Deutschlandurlaub unternommen haben (im Vergleich: Bei den 60-Jährigen und älter waren es 42 %). Bei Inlandsreisen war das eigene Auto als Reiseverkehrsmittel zum Urlaubsort und zurück (67 %) als auch als Fortbewegungsmittel am Urlaubsort (58 %) die mit Abstand erste Wahl. Eigenanreise und Individualurlaub stehen damit weiter hoch im Kurs.
Hinsichtlich der verkehrlichen Erschließung der Urlaubsorte wünscht sich die Mehrheit Verbesserungen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln. Zudem werden Optimierungen bei der Parkplatzsituation und dem Verkehrsleitsystem gewünscht.
Die Ergebnisse decken sich mit den Erfahrungen des ADAC, wie Heike Tröster, Tourismusexpertin beim ADAC Südbayern bestätigt: „Urlaub im Heimatland steht weiterhin hoch im Kurs. Damit gehen aber auch Herausforderungen einher, für die wir im Sinne der Reisenden, der Anwohner und der Umwelt Lösungen finden müssen. Längst ist nicht mehr nur der Stau während der Anreise ein Verkehrsproblem. Auch vor Ort fehlt es in vielen Urlaubs- und Ausflugsdestinationen an geeigneten Verkehrsleitsystemen oder einem ausreichenden Parkplatzangebot. Für viele Urlauber ist die Anreise mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln zudem keine Option, da für die letzte Meile oder die Mobilität vor Ort keine adäquaten Angebote bestehen. Kluge Mobility-On-Demand Angebote können hier Entlastung schaffen.“
Nachhaltig Reisen darf nicht mehr kosten
Auch bei der Mobilität im Urlaub gilt, sie darf nicht teurer werden. Wenn es nach den Wünschen der Reisenden geht, sollte die Urlaubskasse aus Nachhaltigkeitsaspekten nicht zusätzlich belastet werden. 38 % der Befragten sind nicht bereit für den Umweltschutz bei Reisen tiefer in die Tasche zu greifen. Nur knapp 7 % können sich vorstellen im Interesse der Umwelt über 10 % mehr für ihren Urlaub auszugeben. Nachhaltige Reiseangebote sollte daher bezahlbar bleiben, um Akzeptanz zu finden.
Eine Rolle dabei dürfte auch die Inflation spielen. „Reisen ist inflationsbedingt deutlich teurer geworden. Wir sehen beim Buchungsverhalten in unseren Reisebüros, dass die Kunden mehr auf den Preis achten. In vielen Haushalten ist derzeit schlicht nicht das Budget vorhanden, für die Umwelt noch tiefer in die Tasche zu greifen“, so Tröster.
Weitere Informationen zur Mobilitätsbefragung 2023 des ADAC in Bayern finden Sie hier.