ADAC Symposium "Mobilität - Digitalisierung - Infrastruktur"
130 Expertinnen und Experten diskutierten am 23. Februar 2024 im Konzerthaus Freiburg wie die digitale Transformation des öffentlichen Verkehrs gelingen kann
Zum zweiten Mal in Folge hat der ADAC Südbaden seine Veranstaltungsreihe ADAC Symposium im Konzerthaus Freiburg ausgerichtet: Rund 130 Expertinnen und Experten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft sind zusammengekommen, um Potenziale und Herausforderungen der digitalen Transformation im öffentlichen Personennahverkehr zu erörtern. Begrüßt wurden die Teilnehmenden von Reinhold Malassa, Vorstandsmitglied für Verkehr, Technik und Umwelt beim ADAC Südbaden und von Philipp Franke, Leiter Abteilung 5 – Mobilitätszentrale, vernetzte und digitale Mobilität – im Verkehrsministerium Baden-Württemberg.
Die Digitalisierung durchdringt mittlerweile alle Bereiche des Lebens und bringt wegweisende Neuerungen und Veränderungen mit sich, auch in der Mobilität. „Die Digitalisierung und Vernetzung von Verkehrsträgern und Nutzern bietet das Potenzial eines vielfältigen und effizienten öffentlichen Verkehrs“, erklärte Reinhold Malassa in seiner Begrüßungsrede. „Mehr Mobilität mit weniger Fahrzeugbewegungen sorgt für eine Entlastung des städtischen Verkehrsraums und gewährleistet die Erreichbarkeit des Stadtzentrums mit allen Verkehrsmitteln. Im öffentlichen Personenverkehr wurden viele innovative Entwicklungen bereits auf den Weg gebracht. Vieles steht aber noch aus“, so Reinhold Malassa.
Ministerialdirigent Philipp Franke betonte in seinem Grußwort, dass das Land auch Dank digitaler Techniken, die konsequent vorangetrieben werden, seine Angebote auch im öffentlichen Verkehr ausbauen konnte. „Mit autonomen Shuttles im ÖPNV wollen wir zukünftig gerade im ländlichen Raum die Mobilitätsgarantie befördern und eine bessere Taktung mit weniger Ressourceneinsatz ermöglichen.“ Die ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen, erfordere ein kraftvolles Zusammenwirken von Land, Bund, Kommunen, Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern. Dann bestehe aber durchaus Anlass zur Zuversicht, so Philipp Franke.
Gemeinsam mit dem Klima- und Umweltschutz zählt die Digitalisierung unserer Verkehrs- und Mobilitätslandschaft zu den allumfassenden Handlungsfeldern der kommenden Legislaturperioden. Es geht darum, das Verkehrssystem auch im Hinblick auf die gesellschaftlichen Klimaschutzziele und den demographischen Wandel zukunftsfähig zu machen und bestmögliche Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Menschen in der Stadt und auf dem Land künftig sicher, bedürfnisgerecht, bezahlbar und umweltfreundlich unterwegs sein können.
Drei Keynote-Speaker setzten Impulse: Dr.-Ing. Michael Frey vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) thematisierte die drei maßgeblichen Ebenen für die automatisierte Fahrzeugsteuerung. Prof. Dr. Gordon Elger vom Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI am Anwendungszentrum „Vernetzte Mobilität und Infrastruktur“ in Ingolstadt stellte die Potenziale technisch vernetzter Fahrzeuge und Infrastrukturen für die Verkehrssicherheit und die Optimierung des Verkehrsflusses heraus. Sylvia Lier von der TAF mobile GmbH in Jena zeigte auf, welche Möglichkeiten digitale Mobilitätsplattformen zur Förderung innovativer Lösungen für Nutzer und zur Optimierung der Ressourcen- und Datennutzung aufweisen.
An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen zusätzlich Magdalena Muehlbauer, Projektleiterin der civity Management Consultants, Ulrich Weber, Geschäftsführer der Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen und Andreas Sigloch, Leiter des Referats 35 - Tarife, Verkehrsverbünde, Digitalisierung - beim Verkehrsministerium Baden-Württemberg teil. Die Podiumsgäste tauschten sich unter anderen zum Klimaschutz und Personaleinsatz, zu Fragen der Zugänglichkeit und Nutzerfreundlichkeit sowie der Investitions- und Finanzierungsmöglichkeiten aus.
Die Kernaussagen der Fachreferenten im Überblick:
Dr.-Ing. Michael Frey, Institut für Fahrzeugsystemtechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
„Die Automatisierung im ÖPNV wird kommen, und zwar deutlich schneller als im Bereich der Privatfahrzeuge, und zwar, weil gerade im ÖPNV die Vorteile zum Tragen kommen und es uns ermöglichen, attraktive Lösungen für den ÖPNV anzubieten. Dabei kann einerseits der Personalmangel kompensiert werden. Andererseits entfallen die maximalen Lenkzeiten der Fahrer, so dass die Fahrtrouten von autonomen Fahrzeugen mit weniger Restriktionen geplant werden können.“
Prof. Dr. Gordon Elger, Fraunhofer Anwendungszentrum „Vernetzte Mobilität und Infrastruktur
„Die Verkehrswende hin zur klimaneutralen Mobilität kann nur mit den Menschen gelingen, deren primäres Interesse es ist ‚effizient und komfortabel von A nach B zu kommen‘. Die Vernetzung der Verkehrsteilnehmer in Kombination mit intelligenten Steuerungsmechanismen bietet hier Lösungen zur signifikanten Verbesserung des Verkehrsflusses. Auf Basis umfassender Verkehrsdaten, die im Mobilitätsdatenraum zur Verfügung gestellt werden, kann der Komfort und die Effizienz der Mobilität gesteigert und CO2 Emissionen eingespart werden.“
Sylvia Lier, Geschäftsführung TAF mobile GmbH
„Der ÖPNV steht nicht mehr allein für Bus und Bahn. Die Menschen wünschen sich vielseitige, flexible Mobilitätsangebote, die sie unkompliziert nutzen können und idealerweise aus einer Hand angeboten bekommen. Die Verkehrsgesellschaften können dabei als Anbieter für integrierte Mobilitätsservices eine relevante Rolle einnehmen. Dabei treten sie gewissermaßen als ‚Dirigent für Mobilität‘ auf. Die Politik ist gefordert, den hierfür erforderlichen Rahmen zugunsten klimagerechter Mobilität zu setzen.“
Clemens Bieniger, Vorsitzender ADAC Südbaden e.V.
„Um die Potenziale der Digitalisierung in der Mobilität nutzen zu können, ist die Verfügbarkeit von Daten eine Kernvoraussetzung. Daten der öffentlichen Hand und ihrer Unternehmen müssen ebenso wie die von privaten Mobilitätsanbietern in einer gemeinsamen Dateninfrastruktur auf wirtschaftlicher Basis bereitgestellt werden. Ebenso ist zu gewährleisten, dass die unterschiedlichen Akteure die jeweiligen Mobilitätsdaten aktuell, zuverlässig, vollständig, datenschutzkonform, diskriminierungsfrei und nutzerfreundlich zur Verfügung stellen. Der Datenraum Mobilität (Mobility Data Space) sollte in diesem Sinne weiter ausgestaltet und vorangetrieben werden. Damit Veränderungen auf den Weg gebracht werden, braucht es die Unterstützung der Landes- und Kommunalpolitik. Auch die kommunale Verkehrs- und Stadtplanung kann eine vernetzte und klimaschonende Mobilität maßgeblich fördern und mitgestalten.“
Zum Ausklang der Veranstaltung übergab Clemens Bieniger, Vorsitzender des ADAC Südbaden e.V. eine Spende an das Netzwerk „Women in Mobility“ auf Wunsch von Gastreferentin Sylvia Lier, die auf ihr Honorar verzichtet hatte. Das deutschland-weite Netzwerk setzt sich für eine höhere Sichtbarkeit von Frauen in der Mobilitätsbranche und den stärkeren interdisziplinären Austausch von Expertinnen ein. „Dieses Engagement im Bereich Vernetzung und Diversität honorieren wir gerne“, sagte Clemens Bieniger. Die Spende nahmen Janine Stuchl von der PTV Planung Transport Verkehr GmbH und Annika Egloff-Schoenen vom Fachverlag Dr. Helmut Arnold GmbH entgegen. Beide sind Ansprechpartnerinnen für den „Women in Mobility Hub Baden“.
Zum ADAC Symposium
Das ADAC Symposium ist die Veranstaltungsreihe des ADAC Südbaden e.V. zum Zukunftsthema Mobilität. Das Symposium richtet sich an kommunale Vertreter, Fachleute aus Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sowie Verkehrs- und Mobilitätsexperten und will dazu beitragen, Verkehr und Mobilität branchenübergreifend und interdisziplinär aus technologischer, infrastruktureller und sozialer Perspektive neu zu denken und zu behandeln. Die nächste Veranstaltung findet am 14. Februar 2025 im Konzerthaus Freiburg statt.
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