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Sachsen | 17.06.2016

Ein Drahtseilakt, der Leben rettet

Als einer von deutschlandweit vier ADAC Rettungshubschraubern wurde der in Bautzen stationierte „Christoph 62“ jetzt mit einer Rettungswinde ausgerüstet und fliegt damit ab dem kommenden Wochenende erstmals Einsätze. Zuvor haben die ADAC Hubschrauber-Crews und die Luftretter der Bergwacht Sachsen einen Monat lang in Bautzen und Umgebung Rettungsmanöver mit der Rettungswinde trainiert.

Im Interview erklären Pilot Olaf Iltzsche sowie Windenoperator und Notfallsanitäter Jörg Seifert, welche Vorteile das neue Verfahren bietet und wie ein Windeneinsatz abläuft.


Herr Iltzsche, wann kommt eine Rettungswinde zum Einsatz?

Olaf Iltzsche: Immer, wenn Patienten aus unwegsamem Gelände gerettet werden müssen oder Menschen beispielsweise durch Hochwasser eingeschlossen wurden, in einsturzgefährdeten Häusern ausharren oder in ähnlich kritische Situationen geraten sind, können sie aus der Luft mit einer Rettungswinde sicher gerettet werden. Sie ist quasi der „verlängerte Arm“, an dem Arzt und ein Luftretter von der Bergwacht Sachsen, unserem Kooperationspartner, abgewincht werden. Der Vorteil: Gerade in unzulänglichem Gelände, wie beispielsweise im Gebirge, kann die medizinische Crew auch in entlegensten Winkeln präzise und sicher abgesetzt werden, während der Hubschrauber über der Einsatzstelle „schwebt“.

Herr Seifert, im Falle eines Windeneinsatzes leiten Sie das Flugmanöver. Wie gehen Sie vor?

Jörg Seifert: Zunächst macht der Pilot einen Sichtungsflug über der Einsatzstelle. Dann lege ich fest, an welcher Stelle Arzt und Luftretter sicher abgesetzt werden können.Anschließend beginnt die Rettungsaktion?

Seifert: Richtig. Ich sichere mich mit einem Gurt und muss den Piloten bei geöffneter Seitentür exakt an die richtige Position dirigieren. Das ist Präzisionsarbeit unter schwierigen Bedingungen, besonders dann, wenn markante Bezugspunkte zur Orientierung fehlen.

Was passiert, wenn Sie die Crew abgeseilt haben?

Seifert: Weil sich direkt unterhalb der Rotorblätter starke Luftverwirbelungen bilden, setzt der Pilot die Maschine zurück. Erst auf das Kommando des Luftretters der Bergwacht lotse ich den Piloten wieder an den Unglücksort zurück und bereite alles vor, um den Patienten, der in einem speziellen Bergesack verpackt ist, an Bord zu „winchen“. Maximal 90 Meter kann der Hubschrauber über der Einsatzstelle schweben. So weit reicht das Seil. Arzt, Luftretter und Patient im Bergesack dürfen aus Sicherheitsgründen zusammen nicht mehr als 270 Kilo „auf den Haken“ bringen. Eine enorme Verantwortung.

Welche Vorteile hat die Winde gegenüber dem bisher genutzten Bergetau?

Iltzsche: Wir sind schneller einsatzbereit und das Absetzen der Rettungs-Crew ist unkompliziert möglich. Neben der größeren Seillänge bietet die Winde auch den Vorteil, Personen aus dem Wasser oder von Türmen und Windkraftanlagen zu retten. Auch kann der Patient nun direkt (ohne Zwischenlandung) in den Hubschrauber „geladen“ werden.

Vier Wochen lang haben Sie gemeinsam das neue Verfahren trainiert. Ab dem kommenden Wochenende kann „Christoph 62“ damit im Notfall zum Einsatz kommen. Steigt die Spannung?

Seifert: Wir sind gut trainiert durch die umfassende, gründliche und doch sehr anstrengende Ausbildung der letzten Wochen und damit bestens vorbereitet. Dennoch ist jeder Einsatz immer wieder eine große Herausforderung.

Das wochenlange Üben mit dem Hubschrauber brachte zusätzlich Lärm für die Anwohner mit sich? Gab es Reaktionen?

Seifert: Das war schon eine Extrembelastung für die Anwohner der erschiedenen Übungsgebiete. Aber bis auf wenige Ausnahmen habe ich von Seiten der Bevölkerung nur Zustimmung und Verständnis erfahren. Allen hier im Landkreis sind die Bilder der letzten Flutkatastrophen, als wir die Menschen mit unserem Hubschrauber von Dachfirsten retten mussten, noch in Erinnerung. Gern aber auch von dieser Stelle aus im Namen der gesamten Crew ein herzliches Dankeschön für die Toleranz der Betroffenen. 

Leitet den Einsatz mit der Rettungswinde: ADAC-Windenoperator und Notfallsanitäter Jörg Seifert. Hier beim Training mit Notärztin Katherina M..

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