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Nordrhein-Westfalen | 10.09.2019

ADAC Verkehrsforum in Düsseldorf: Das sagen Experten zur Mobilitätswende

Wir brauchen eine Mobilitätswende, darüber waren sich über 150 Experten aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft einig. Aber wie? Die Fachreferenten hatten Antworten und Praxisbeispiele im Gepäck.

Beim 42. ADAC Verkehrsforum in Düsseldorf haben über 150 Experten aus Verwaltung, Politik und Wirtschaft über die Frage „Mobilitätswende ja – aber wie?“ diskutiert. „Die Sensibilität für den Einfluss des Verkehrs auf Umwelt und Klima wächst. Das spiegelt sich angesichts weiter steigender Pkw-Zulassungszahlen aber noch nicht im Mobilitätsverhalten der Menschen wieder. Der ÖPNV muss attraktiver werden. Und wir brauchen besonders in den Großstädten Radwege, die ihren Namen auch verdienen“, betonte Peter Meyer in seiner Begrüßungsrede.

Der Vorsitzende des ADAC Nordrhein nahm auch zur Diskussion um eine neue CO2-Steuer Stellung: „Fakt ist: Die aktuellen Klimaschutzziele sind mit einem ‚Weiter so!‘ nicht zu erreichen. Insbesondere der Verkehrssektor muss hierzu einen Beitrag leisten. Der ADAC befürwortet eine CO2-mindernde Politik. Dazu braucht es aber keine neue CO2-Steuer. Wir sprechen uns dafür aus, die Kfz-Steuer bei neuen Pkw künftig ausschließlich am CO2-Ausstoß zu orientieren.“ Damit würden, so Meyer, Fahrer von verbrauchsärmeren Pkw mit niedrigeren Kosten belohnt, Autos mit höherem Verbrauch müssten hingegen mehr Steuern bezahlen. Aus Sicht des Automobilclubs darf es beim Klimaschutz nicht zu einem Teuerungswettlauf kommen.

„Mobilität ist die Voraussetzung und Grundlage für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort NRW. In der Vergangenheit hat man versucht, ohne Baustellen und Erneuerungen auszukommen. Was rausgekommen ist, sehen wir heute: Staus, Verspätungen, Umwege und Ausfälle von Infrastrukturen“, betonte Dr. Hendrik Schulte, Staatssekretär im NRW-Verkehrsministerium. Zur Verkehrspolitik der nordrhein-westfälischen Landesregierung sagte er: „Wir lösen den Investitionsstau auf und investieren kräftig, zum Beispiel in die Schienen und die Erneuerung der Stadt- und Straßenbahnen in NRW. Wir brauchen einen schnelleren, leistungsfähigeren ÖPNV, bequemer, mit höheren Taktraten und eine bessere Erschließung des ländlichen Raums. Inzwischen geben wir auch genauso viel Geld für Radwege aus wie für den Aus- und Neubau von Landesstraßen. Und wir nutzen die Chancen der Digitalisierung, um Verkehrsträger digital zu vernetzen und Verkehre intelligent zu lenken."

Die Kernaussagen der Fachreferenten

Stefan Gerwens, Leiter Ressort Verkehr des ADAC e.V., über den Mobilitätswandel aus Sicht der Verbraucher: „Viele Menschen sind zwar an Neuem interessiert, brauchen aber eine hohe Verlässlichkeit im Alltag und probieren neue Mobilitätsformen deshalb eher zögerlich aus. Trotzdem ist es wichtig, gute Alternativen zum Auto zu schaffen. Gerade im ländlichen Raum gibt es die aktuell aber kaum. Auch die Hoffnung auf autonomes Fahren wird sich so schnell nicht erfüllen, weil die Systeme noch nicht reif genug sind, um alle Verkehrssituationen und Witterungsbedingungen zu bewältigen. Mit Blick auf Umweltziele setzen Verbraucher mehr auf technische Lösungen und wollen nicht in ihrer persönlichen Mobilität eingeschränkt werden.“

Prof. Dr. Stephan Jansen, Geschäftsführer von BICICLI, über radbasierte Mobilitätslösungen für Unternehmen und Städte: „Wir wollen Radmobilität klug einsetzen, um Städte wieder lebenswerter zu machen. Dazu brauchen wir intermodale Innovationen, eine bessere Verknüpfung von ÖPNV, Auto und Radverkehr. Das ist in Deutschland noch nicht geübt. Wir fahren immer noch von Parkgarage zu Parkgarage. Der SUV des 21. Jahrhunderts ist das Faltrad.“

Uwe Müller, Leiter der Abteilung Verkehrsplanung und Mobilität der Stadt Aachen, zur Mobilitätswende in Aachen: „Man braucht Mut zur Veränderung. Nicht alle Menschen warten darauf, dass sich etwas verändert. Es gibt auch nicht die eine große Maßnahme, sondern man muss an vielen Stellschrauben drehen. Wir setzen zum Beispiel neue Standards beim Thema Radverkehr und wandeln Parkraum zugunsten der Radfahrer um. Und wir wollen als Stadtverwaltung auch selbst Vorbild sein. Deshalb steht zu Fuß gehen an erster Stelle, dann kommen Pedelecs, der ÖPNV und unsere E-Fahrzeuge. Wenn wir damit den Bedarf nicht abdecken können und Mitarbeiter dann trotzdem noch ein Auto benötigen, greifen wir auf eine Carsharing-Flotte zurück.“

Rob Schaap, Berater für Mobilität und Nachhaltigkeit bei Moovis, über betriebliches Mobilitätsmanagement als Chance: „Im Kampf um Talente müssen Arbeitgeber auch im Bereich betriebliches Mobilitätsmanagement etwas anbieten können. Investiere ich lieber in Beton und Parkplätze oder in meine Mitarbeiter und fördere zum Beispiel mit Pedelecs auch noch ihre Gesundheit? Arbeitgeber, Behörden und Mobilitätsdienstleister brauchen eine gemeinsame Strategie.“

Sebastian Thelen, Geschäftsführer von uze! Mobility, über die mehrdimensionale Nutzung von E-Transportern: „Es ist wichtig, umzudenken und innovative, datengetriebene Geschäftsmodelle zu verknüpfen, um nachhaltige Mobilität im Bereich Last-Mile-Logistik zu ermöglichen. Der Treibstoff der Zukunft sind Daten.“

Prof. Dr. Wolfgang H. Schulz, Mobilitätsforscher an der Zeppelin Universität Friedrichshafen, über den Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf die Mobilität: „Durch Künstliche Intelligenz ergeben sich enorme Einsparpotentiale. Das Auto wird einfacher und günstiger, der Verkehr effizienter, es gibt weniger Unfälle und weniger Staus. Deswegen werden wir eine Renaissance des motorisierten Individualverkehrs erleben. Das Auto schlägt zurück.“

Udo Stötzel, Vorstand für Verkehr und Technik des ADAC Ostwestfalen-Lippe, über die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mobilitätswende: „Die Mobilitätswende kann nur gelingen, wenn sie als positiver Wandel und nicht als aufgezwungene Maßnahme empfunden wird. Wichtig ist, dass Mobilitätsoptionen an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet sind – auch im ländlichen Raum. Zu einem attraktiven Angebot gehört auf eine vernünftige Preisgestaltung. Mobilität muss bezahlbar bleiben.“

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