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Nordrhein-Westfalen | 23.11.2023

Fußgänger fühlen sich in Köln nicht sicher

Laut einer ADAC Umfrage finden viele Fußgänger in Köln gerade das Verhalten von E-Scooter-Fahrern besonders rücksichtslos. Nur 34 Prozent der Fußgänger in Köln fühlen sich sicher.

Auf dem Gehweg abgestellte E-Scooter sind für viele Kölner Fußgänger laut ADAC Umfrage ein großes Ärgernis.
Foto: ADAC Nordrhein/Johannes Giewald

Fußgänger fühlen sich in Köln weiterhin nicht sicher. Bei einer ADAC Umfrage in 16 deutschen Großstädten zum Sicherheitsgefühl der Fußgänger hat die Rheinmetropole erneut am schlechtesten abgeschnitten. Nur jeder Dritte (34 Prozent) fühlt sich sicher, wenn er in Köln zu Fuß unterwegs ist. 2021 waren es 37 Prozent. Gründe für die hohe Unzufriedenheit sind sowohl Kritik an der Infrastruktur als auch am Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer. Besonders rücksichtlos empfinden viele Fußgänger in Köln das Verhalten von E-Scooter-Fahrern (64 Prozent), gefolgt von Radfahrern (51 Prozent) und Autofahrern (36 Prozent). Auch bei der Einschätzung zur barrierefreien Gestaltung von Gehwegen, Überquerungsstellen und öffentlichen Plätzen ist Köln in der ADAC Umfrage Schlusslicht. Nur jeder sechste Fußgänger beurteilt die Barrierefreiheit gut oder sehr gut.

Bundesweit fühlt sich nur knapp über die Hälfte der in den 16 Großstädten befragten Fußgänger sicher. Zwischen den Städten gibt es große Unterschiede. Dabei hat das Sicherheitsgefühl von Fußgängern offenbar nichts mit der Stadtgröße zu tun. In Potsdam und München sind etwa zwei Drittel der Menschen mit einem guten Gefühl zu Fuß unterwegs. Köln (34 Prozent) und Saarbrücken (38 Prozent) schneiden am schlechtesten ab.

„Der Fußverkehr in Köln wurde von Politik und Verwaltung jahrelang stiefmütterlich behandelt. Und weil sich die aufgestauten Probleme nicht von heute auf morgen beheben lassen, ist der Frust weiterhin groß. Inzwischen unternimmt die Stadt zumindest mehr Anstrengungen: Sie hat im März 2022 einen Fußverkehrsbeauftragten eingestellt, will Verkehrsprojekte ganzheitlicher angehen, den Fußverkehr mitdenken und mit Fußverkehrs-Checks und Sofortmaßnahmen vor Ort Abhilfe schaffen. Was noch fehlt, ist die angekündigte Fußverkehrsstrategie für Köln“, sagt Prof. Dr. Roman Suthold vom ADAC Nordrhein.

So bewerten Fußgänger in Köln die Verkehrsinfrastruktur

Haupt-Störfaktor im Bereich Verkehrsinfrastruktur (Überquerungen, Gehwege) sind für gut zwei Drittel der Kölner Fußgänger auf dem Gehweg abgestellte Fahrräder, E-Scooter und Motorräder. Diese Situation erleben drei Viertel der Befragten in Köln häufig oder sehr häufig. 2021 waren es noch 62 Prozent. Mehr als die Hälfte der befragten Fußgänger stellt immer wieder fest, dass man lange warten muss, bis die Ampel auf Grün umschaltet (58 Prozent) und Grünphasen dann zu kurz sind (53 Prozent). Eingeschränkte Sichtverhältnisse an Kreuzungen und Einmündungen durch parkende Autos erleben 56 Prozent häufiger. Fast jeder zweite Fußgänger trifft regelmäßig auf Wege, die aufgrund ihres Zustandes (z.B. Schlaglöcher, Unebenheiten, Bewuchs, Schmutz) nur schlecht begehbar oder optisch nicht gut vom Radweg abgegrenzt sind.

„Das Zu-Fuß-Gehen ist die ursprünglichste Fortbewegungsart des Menschen und muss im Rahmen der Verkehrswende mehr Gewicht bekommen. Das wird aber nur klappen, wenn sich Fußgänger auf ihren Wegen wohl und sicher fühlen. In Köln ist das leider an vielen Stellen noch nicht der Fall“, betont ADAC Fachmann Suthold.

In der dunklen Jahreszeit sind Fußgänger besonders gefährdet. Mit einer guten Beleuchtung der Gehwege und zuverlässigem Winterdienst können Kommunen die Sicherheit erhöhen. Beides klappt aus Sicht der befragten Kölner Fußgänger in der Domstadt nicht gut. Nicht einmal jeder Fünfte bewertet die Beleuchtung von Fußwegen bei Dunkelheit und schlechten Sichtverhältnissen mit gut oder sehr gut (17 Prozent). Gleiches gilt für den Räum- und Streudienst in Köln (16 Prozent).

Bei der Frage, was beim Überqueren der Straße am stärksten zu ihrem Sicherheitsgefühl beiträgt, haben die Fußgänger in Köln eine klare Antwort: Für 87 Prozent leisten Fußgängerampeln einen starken/sehr starken Beitrag zu ihrer Sicherheit. Danach folgen mit deutlichem Abstand Zebrastreifen (70 Prozent) und Tempo 30 in Wohngebieten (60 Prozent). Ein Verkehrsschild oder entsprechende Warnzeichen findet nur noch 37 Prozent der Umfrageteilnehmer wirklich hilfreich. Bei der Überquerung von Hauptverkehrsstraßen betrachten die befragten Fußgänger in Köln vor allem Ampeln (75 Prozent) und Brücken (59 Prozent) als sichere/sehr sichere Möglichkeiten. Unterführungen oder Mittelinseln in der Fahrbahn finden nur 38 bzw. 36 Prozent sicher.

So bewerten Fußgänger in Köln das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer

Mit Blick auf andere Verkehrsteilnehmer sorgen vor allem E-Scooter-Fahrer bei den Fußgängern in Köln für Frust. Neben dem Abstellen der Scooter auf Gehwegen (81 Prozent) sind rücksichtsloses Fahrverhalten (80 Prozent), unerlaubtes Benutzen des Gehwegs (78 Prozent) und sorgloses Abbiegen an Fußgängerüberwegen (77 Prozent) die größten Störfaktoren.

Genervt sind Fußgänger auch von Autofahrern, die beim Abbiegen nicht auf Fußgänger achten (70 Prozent), unerlaubt auf dem Gehweg parken (70 Prozent) oder am Zebrastreifen nicht anhalten (68 Prozent). Bei Fußverkehrsunfällen mit Personenschaden (innerorts/zwei Beteiligte) ist laut Unfallforschung der Versicherer (UdV) in sieben von zehn Fällen ein Pkw der Hauptunfallgegner.

Über Radfahrer, die beim Überholen nicht oder zu spät klingeln, ärgern sich 68 Prozent der vom ADAC befragten Fußgänger in Köln. Etwa zwei Drittel stört es auch, wenn Radfahrer mit zu geringem Abstand überholen oder unerlaubt auf dem Gehweg fahren.

Fußgänger in Köln beschweren sich aber auch über Menschen, die ebenfalls zu Fuß unterwegs sind. Jeder Vierte findet das Verhalten von Fußgängern gegenüber ihresgleichen oft rücksichtslos. Zwar halten sich 73 Prozent der Fußgänger an die Verkehrsregeln, aber etwa jeder Fünfte befolgt nur die Regeln, die er selbst für sinnvoll erachtet. Bei den unter 40-jährigen Befragten ist der Anteil tendenziell noch größer. Für einen Verkehrsverstoß haben 15 Prozent der befragten Kölner Fußgänger schon einmal eine Verwarnung oder ein Bußgeld bekommen.

ADAC Mobilitätsexperte Suthold fordert alle Verkehrsteilnehmer zu mehr Miteinander und gegenseitiger Rücksichtnahme auf: „Die Gefahr eskalierender Konflikte steigt mit der zunehmenden Zahl an Verkehrsteilnehmern. Wer das eigene Weiterkommen stört, wird schnell zum Feindbild und das Verständnis füreinander schwindet. Konflikte entstehen insbesondere dann, wenn Regeln nicht eingehalten werden. Jenseits von Ansätzen zur intelligenten Verkehrsplanung und gesetzlichen Maßnahmen ist es daher entscheidend, dass alle mehr Rücksicht aufeinander nehmen, sich deutlich vorsichtiger verhalten und die Vorschriften beachten.“

10 Punkte, die Städte für mehr Fußgängersicherheit tun können:

  1. Ein zusammenhängendes Fußwegenetz mit direkten und barrierefreien Verbindungen entwickeln
  2. Barrierefreie Querungsanlagen in ausreichender Zahl einrichten. Zu große Umwege verführen dazu, die Straße an unsicheren Stellen zu queren
  3. Querungsstellen durch helle Beleuchtung sicher gestalten und Sichthindernisse entfernen
  4. Ausreichend breite Gehwege anbieten und für eine gute Beleuchtung sorgen. Schäden im Belag zügig ausbessern sowie zuverlässigen Einsatz von Räum- und Streudiensten bei winterlichen Wetterbedingungen gewährleisten
  5. Gehwegparken einschränken – auch für (Lasten-)Fahrräder oder E-Scooter. Verbotsverstöße verstärkt kontrollieren und konsequent ahnden
  6. Fußgänger und Radfahrer möglichst nicht auf gemeinsamen Flächen führen, um Konfliktsituationen zu verhindern
  7. Parallel geführte Radwege optisch gut vom Gehweg abtrennen, damit sowohl Radfahrer als auch Fußgänger nicht versehentlich in die Spur des anderen geraten
  8. Das unerlaubte Fahren von Radfahrern und E-Scootern auf Gehwegen durch verstärkte Kontrollen unterbinden
  9. Bei der Anordnung von Tempo 30 auf Hauptstraßen Verlagerungseffekte ins Nebenstraßennetz unterbinden
  10. Gegenseitiges Verständnis aller Verkehrsteilnehmer durch Kampagnen fördern

10 Tipps für Fußgänger in der Stadt:

  1. Straßen nur in gut einsehbaren Bereichen überqueren, möglichst an Ampel oder Zebrastreifen
  2. An der Fußgängerampel nicht in falsche Hektik verfallen! Auch wer erst in der letzten „Grün“-Sekunde auf die Fahrbahn tritt, kann weitergehen und kommt noch sicher über die Straße, bevor der KFZ-Verkehr wieder Grün bekommt
  3. Nicht plötzlich den Radweg oder die Fahrbahn betreten! Das Queren der Straße direkt vor oder hinter einem Bus ist besonders gefährlich. Gerade in solchen Situationen bewusst auf den Verkehr achten und im Zweifelsfall lieber warten
  4. Achtung bei unübersichtlichen Ein- und Ausfahrten: Ausfahrende Autofahrer können den Gehweg oft erst überblicken, wenn die Kühlerhaube schon in den Bürgersteig ragt
  5. An Fußgängerüberwegen oder in Abbiegesituationen Blickkontakt zu Autofahrern suchen, um sicher zu stellen, dass man nicht übersehen wird.
  6. Bei Dunkelheit helle und/oder reflektierende Kleidung tragen
  7. Mit Kindern den Schulweg gemeinsam einüben. Die Schüler dabei für besondere Gefahrenstellen, wie z.B. Ausfahrten, sensibilisieren und selbst Vorbild sein
  8. Wer seine eigene Aufmerksamkeit zum Beispiel durch Alkohol schwächt oder durch das Smartphone abgelenkt ist, gefährdet sich selbst!
  9. Bei Behinderung durch einen anderen Verkehrsteilnehmer ruhig bleiben. Nicht immer geschieht dies mit böser Absicht
  10. Kinder und Senioren sind im Straßenverkehr besonders verletzlich und brauchen ein höheres Maß an Rücksichtnahme!

Mit der kostenlosen App „Läuft's?“ des ADAC in NRW können Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer Mängel im Straßenverkehr melden, zum Beispiel beschädigte Gehwege, fehlende Beleuchtung oder unlesbare Schilder. Die ADAC Verkehrsexperten leiten die Meldungen zur Bearbeitung dann umgehend an die zuständigen Behörden weiter.

Hintergrund: In Deutschland starben 2022 insgesamt 368 Fußgänger im Straßenverkehr, drei Viertel davon innerhalb von Ortschaften. Mehr als 25.000 Fußgänger wurden zudem innerorts verletzt, fast 5000 von ihnen schwer. Wenn es um Sicherheit im Straßenverkehr geht, haben Fußgänger oft das Nachsehen. Das zeigt auch die aktuelle Umfrage des ADAC unter 3253 Fußgängern (ab 18 Jahren) in 16 deutschen Großstädten. Nur jeder zweite fühlt sich sicher, wenn er zu Fuß unterwegs ist. Für die Online-Befragung (Zeitraum: August/September 2023) wurde in jedem Bundesland die Stadt mit den meisten Einwohnern ausgewählt. Pro Kommune beteiligten sich mindestens 200 Personen, die dort regelmäßig zu Fuß unterwegs sind. In Köln wurden exakt 200 Fußgänger befragt.

Die Detail-Ergebnisse der ADAC Umfrage finden Sie ab Donnerstag, den 23. November unter https://www.adac.de/fussgaengersicherheit

Ein O-Ton-Paket (Audio) sowie Grafiken und Fotos zur redaktionellen Verwendung (Quellenangabe) können Sie hier herunterladen:

https://cloud.adac-nrh.de/s/RSwYDJ55TF4pJnr
 


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