ADAC Umfrage zu ärztlichen Bereitschaftspraxen: Die Ergebnisse für NRW
Viele Menschen in NRW kennen laut ADAC Umfrage die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 nicht. Patienten suchen teilweise Notaufnahmen von Kliniken auf, auch wenn kein medizinischer Notfall vorliegt.
Nur ein gutes Viertel der Menschen in Nordrhein-Westfalen und knapp ein Drittel in ganz Deutschland kennt die bundesweit einheitliche Telefonnummer 116117, über die im Krankheitsfall außerhalb der regulären Öffnungszeiten von Arztpraxen der ärztliche Bereitschaftsdienst erreichbar ist. Das zeigt eine aktuelle repräsentative Befragung des ADAC von 1.015 Personen in der Gesamtbevölkerung (NRW: 225) sowie von 2.000 Patienten (NRW: 416), die im vergangenen Jahr eine der rund 800 Bereitschaftspraxen in Deutschland aufgesucht haben. Die verbreitete Unkenntnis der Telefonnummer führt unter anderem dazu, dass viele erkrankte Menschen Notaufnahmen von Kliniken aufsuchen, auch wenn kein medizinischer Notfall vorliegt.
Noch schlechter sieht es bei der Bekanntheit der digitalen Angebote des Bereitschaftsdienstes aus: Die Webseite www.116117.de kennen in NRW nur elf Prozent (Bund: neun), die 116117 App nur drei Prozent (Bund: vier). Immerhin ist deutschlandweit knapp die Hälfte der Anrufer der 116117 mit dem telefonischen Service sehr zufrieden oder zufrieden, bemängelt wird allerdings die teilweise zu lange Wartezeit in der Telefon-Hotline.
Auch beim Besuch der Bereitschaftspraxen selbst wird vor allem die Wartezeit moniert. Im Schnitt müssen sich die Patienten in NRW dort 28 Minuten gedulden (Bund: 30). Elf Prozent warten in NRW und ebenso deutschlandweit länger als eine Stunde. Insgesamt sind in Nordrhein-Westfalen (und auch in ganz Deutschland) aber fast 60 Prozent mit der zuletzt besuchten ärztlichen Bereitschaftspraxis sehr zufrieden oder zufrieden.
In puncto Erreichbarkeit schneiden die Bereitschaftspraxen sowohl in NRW als auch bundesweit gut ab: Der Weg der Besucher dorthin beträgt in Nordrhein-Westfalen im Schnitt etwa acht Kilometer (Bund: zehn). Aufgrund der vielen Ballungsräume in NRW müssen nur rund sechs Prozent (Bund: zwölf) mehr als 20 Kilometer zur nächsten Bereitschaftspraxis zurücklegen. Hauptgründe für das Aufsuchen einer Bereitschaftspraxis in NRW sind Erkältung, Hals- oder Ohrenschmerzen, Husten, Schnupfen und Grippe (insgesamt 16 Prozent), orthopädische Probleme (15 Prozent) sowie Magen-Darm-Beschwerden, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen (insgesamt 13 Prozent).
Eine bessere Steuerung der Patienten ist aus Sicht des ADAC in NRW unbedingt erforderlich. Selbst unter den Befragten, die 2022 eine ärztliche Bereitschaftspraxis aufgesucht haben, gaben in NRW fast 29 Prozent (Bund: 23) an, künftig den Gang in eine Notaufnahme zu erwägen, auch wenn es sich nicht um ein akutes oder gar lebensbedrohliches medizinisches Problem handelt.
Der ADAC in NRW empfiehlt, Patienten noch besser darüber zu informieren, wann im Krankheitsfall der ärztliche Bereitschaftsdienst und wann die Notaufnahme die richtige Anlaufstelle ist. Mittelfristig sollte eine Patientensteuerungsfunktion der 116117 und der Notrufnummer 112 über integrierte Leitstellen etabliert werden, um eine falsche Zuordnung aufgrund von Unwissenheit auszuschließen. Zudem gilt es, die telefonische Erreichbarkeit von Bereitschaftspraxen zu verbessern und die Wartezeiten zu verkürzen, um ein Ausweichen von Patienten in Notaufnahmen zu vermeiden.
ADAC Tipps für (potentielle) Patienten:
- Mit absehbaren gesundheitlichen Bedürfnissen wie z.B. einem Attest oder Rezept stets normale Arztpraxen aufsuchen.
- Außerhalb der Öffnungszeiten von Arztpraxen bei medizinischen Problemen ohne Notfall keine Notaufnahme aufsuchen, sondern eine ärztliche Bereitschaftspraxis. Nahegelegene Praxen unter www.116117.de heraussuchen oder telefonisch unter 116117 erfragen. Bei Bedarf kann gezielt nach Fachärzten oder Kinderärzten gefragt werden.
- Ein vorheriger Anruf der 116117 ist aktuell nicht zwingend nötig. Wer aber z.B. Fragen zur Dringlichkeit eines Arztbesuchs hat oder wegen stark eingeschränkter Mobilität einen Hausbesuch benötigt, ist dort an der richtigen Stelle.
- Wer in einer Bereitschaftspraxis mit einem sehr dringlichen Anliegen ankommt, z.B. einem hoch fiebernden Kind oder einem sehr schwachen Patienten, sollte dies am Empfang deutlich äußern und um vorgezogene Behandlung bitten.
ADAC Empfehlungen an Kassenärztliche Vereinigungen und Politik:
- Patienten noch besser informieren, wann ein Besuch in einer Notaufnahme und wann in einer ärztlichen Bereitschaftspraxis anzuraten ist.
- Aufbau eines Gemeinsamen Notfallleitsystems (GNL) der Telefonnummern 112 und 116117 weiter vorantreiben, um Patientenströme wirksam zu steuern und Notaufnahmen zu entlasten.
- Telemedizinische Angebote stärken, um Bereitschaftspraxen und in der Folge auch Notaufnahmen z.B. von Attest- oder Rezeptwünschen zu entlasten.
- Aufbau eines digitalen Terminbuchungssystems für ärztliche Bereitschaftspraxen prüfen, um Wartezeiten zu reduzieren.
- Trotz bekannter Personalknappheit: In Stoßzeiten an der 116117-Hotline und in Bereitschaftspraxen mehr Personal einsetzen, um ein Ausweichen auf die 112 oder Notaufnahmen zu vermeiden.
Ein O-Ton-Paket (Audio) sowie zwei Grafiken (Quelle: ADAC e.V.) zur freien redaktionellen Verwendung können Sie hier herunterladen: https://cloud.adac-nrh.de/s/HrojMR54RjDdNsL
Mehr Infos zur ADAC Umfrage unter www.adac.de/bereitschaftspraxen.
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