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Nordrhein-Westfalen | 12.09.2024

ADAC Rastanlagentest 2024: Schlechtes Ergebnis für NRW-Anlagen

Keine der fünf in Nordrhein-Westfalen getesteten Anlagen kam über die Note "ausreichend" hinaus. Große Preisunterschiede auf verschiedenen Anlagen. Sanitäranlagen am besten bewertet.

Keine der fünf getesteten Rastanlagen in Nordrhein-Westfalen kam im ADAC Rastanlagentest 2024 über die Gesamtnote "ausreichend" hinaus. Grafik: ADAC e.V. (9/2024)

 Auf einen Blick – die Ergebnisse ADAC Rastanlagentests 2024 für NRW:

- Keine getestete NRW-Rastanlage schneidet „gut“ ab
- Münsterland West (A1) im ADAC Test zweitschlechteste Rastanlage bundesweit
- Große Preisunterschiede in Tankstellenshops und Gastronomie
- Sanitäranlagen in gutem Zustand aber Schwächen im Sanifair-System
- Familienfreundlichkeit verbesserungswürdig
- Probleme für mobilitätseingeschränkte Menschen und E-Autofahrer

Im aktuellen ADAC Rastanlagentest 2024 haben die fünf untersuchten Anlagen in Nordrhein-Westfalen ein schwaches Ergebnis erreicht. Keine Rastanlage kam über die Note „ausreichend“ hinaus, zwei Anlagen in NRW erhielten von den ADAC Testern ein „mangelhaft“. Die Rastanlage Münsterland West an der A1 landete mit erheblichen Mängeln bundesweit auf dem vorletzten Platz. Der ADAC hatte in der Hauptreisezeit von April bis Juli insgesamt 40 Rastanlagen entlang der 15 längsten deutschen Autobahnen getestet. Bewertet wurden das gastronomische Angebot, die Preise, Sanitäranlagen sowie Außenanlagen/Zugang und zusätzliche Infrastruktur wie z.B. Ladesäulen für E-Autos.

„Lange Autofahrten sind anstrengend, vor allem zu den Hauptreisezeiten und mit Kindern an Bord. Umso wichtiger ist es, Pausen einzulegen und neue Energie zu tanken. Von einem Wohlfühlerlebnis sind viele Rastanlagen aber weit entfernt. Die Ergebnisse unseres Tests sind ernüchternd. Es gibt nach wie vor viel Mittelmaß und teilweise große Defizite“, sagt Prof. Dr. Roman Suthold, Verkehrsexperte des ADAC in NRW.

Untersucht wurden in Nordrhein-Westfalen die Anlagen Am Haarstrang Süd (A44), Ville West (A1), Gütersloh Süd (A2), Frechen Süd (A4) und Münsterland West (A1). Die beiden letztgenannten Anlagen erhielten die Gesamtnote „mangelhaft“, alle anderen bekamen ein „ausreichend“.

Ein zentrales Thema war das Preisniveau: Nur auf der Rastanlage Am Haarstrang Süd waren die Produktpreise in der Unterkategorie Tankstellenshop durchschnittlich, auf den anderen vier Anlagen hingegen teuer oder sehr teuer. Bei den Preisen in der Gastronomie erhielten die Anlagen Am Haarstrang Süd, Ville West und Gütersloh Süd die Wertung „günstig“. Zum Vergleich wurden jeweils Preise an den nächstgelegenen Autohöfen als Referenz herangezogen. In Frechen Süd (A4) und Münsterland West (A1) waren die Speisen teuer bzw. sehr teuer.

Als großes Ärgernis stellten sich vor allem die krassen Preisunterschiede im Vergleich verschiedener Rastanlagen heraus. Das standardisierte Kindermenü kostete im günstigsten Fall 3,99 Euro (Ville West), im teuersten 6,99 Euro (u.a. Münsterland West). Hier war auch das Schnitzel mit Pommes (17,49 Euro) im Vergleich der NRW-Anlagen am teuersten. Zum Vergleich: Das günstigste Schnitzel bundesweit erhoben die Tester für 10,99 Euro in der Anlage Zweidorfer Holz Süd (A2). In der Gastronomie auf der NRW-Anlage Frechen Süd war der große Salat im Vergleich aller 40 Rastanlagen mit 14,99 Euro am teuersten. Im Tankstellenshop der Anlage fanden die ADAC Tester für 3,89 Euro auch das teuerste kleine Wasser (0,5l).

Laut ADAC sollten die Preise im Restaurant und Tankstellen-Shop sollten gesenkt werden, wenn sie sich signifikant von denen in der näheren Umgebung unterscheiden. „Ein gewisser Aufschlag für den 24-Stunden-Service ist okay, sofern es ihn überhaupt gibt, aber eine kleine Flasche Wasser für bis zu 3,89 Euro ist Abzocke“, sagt Suthold. Der ADAC empfiehlt Reisenden deshalb Proviant von zu Hause mitzubringen, um Geld zu sparen und unabhängig vom Angebot zu sein.

Große Unterschiede gab es auf den NRW-Anlagen auch beim gastronomischen Angebot. Eine geringe oder sehr geringe Auswahl an Speisen im Raststätten-Restaurantbereich fanden die ADAC Tester auf den Anlagen Ville West und Gütersloh Süd. Hier gab es aber zumindest ein großes Angebot an Sandwiches mit verschiedenen Belägen. Frechen Süd und Münsterland West punkteten mit einer großen Speisenauswahl in der Raststätte, auf der Anlage Am Haarstrang Süd war die Auswahl ausreichend. Intransparent und verbraucherfeindlich: Auf den Anlagen Ville West und Frechen Süd stimmten die Preise im Speisekartenaushang teilweise nicht mit denen auf den Displays an der Theke überein.

Die Sanitäranlagen wurden im Test sowohl bundesweit als auch in NRW am besten bewertet, keine der Anlagen fiel hier durch. Auf den Anlagen Am Haarstrang Süd, Ville West, Gütersloh Süd und Frechen Süd waren die Sanitäreinrichtungen in gutem oder sehr gutem, bei Schlusslicht Münsterland West in akzeptablem Zustand. Teilweise standen die ADAC Tester jedoch vor mehreren abgeschlossenen Kabinen (Frechen Süd, Gütersloh Süd, Am Haarstrang Süd). In Ville West und Gütersloh Süd funktionierte die automatische Sanifair-WC-Sitzreinigung nicht einwandfrei – ein Problem, das an den Testtagen bundesweit bei 17 Prozent der Toilettenkabinen mit automatischer Sitzreinigung auftrat.

„Das große Ekel-Erlebnis bleibt beim Besuch der bewirtschafteten Rastanlagen inzwischen meistens aus. Trotzdem ist auf manchen Anlagen in punkto Sauberkeit noch Luft nach oben. Als Gegenleistung für einen Ein-Euro-Sanifair-Bon erwarten Kunden zurecht eine einwandfreie Toilette“, sagt Suthold. Eine begleitende Online-Befragung des ADAC hatte gezeigt, dass fast die Hälfte der Reisenden auf einer längeren Autofahrt gezielt bewirtschaftete Rastanlagen anfahren, um genau dort saubere Toiletten vorzufinden. „Außerdem sollte man endlich wieder mehrere Sanifair-Wertbons beim Kauf eines Produktes einlösen können. Alles andere ist Augenwischerei“, fordert der ADAC Experte.

Beim Zustand der Außenanlage und dem Zugang zur Raststätte machten die ADAC Tester in NRW bestenfalls mittelmäßige Erfahrungen. Am Haarstrang Süd, Ville West und Gütersloh Süd wurden mit „ausreichend“ bewertet, Münsterland West mit „mangelhaft“. Frechen Süd bekam als Schlusslicht ein „sehr mangelhaft“. Hier waren die barrierefreien Parkplätze zu weit vom Eingang entfernt. Außerdem war der Zugang zum Haupteingang für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen aufgrund von Stufen nicht ohne fremde Hilfe möglich. Und einen Kinderspielplatz suchten die ADAC Tester vergeblich. Ebenso familienunfreundlich: Auf der Anlage Ville West war der Spielplatz zum Testzeitpunkt gesperrt. Auf den Anlagen Gütersloh Süd und Münsterland West fehlten Picknick-Garnituren im Außenbereich der Rastanlage.

Bei der Kategorie „zusätzliche Infrastruktur“ untersuchte der ADAC u.a. die Situation für E-Autofahrer. An 40 Prozent der bundesweit getesteten Rastanlagen gab es ausschließlich Ladesäulen bis maximal 150 kW (u.a. auch Ville West, Frechen Süd, Münsterland West). Nur eine einzige der 40 Rastanlagen, Sindelfinger Wald Süd (A8), verfügte über eine ausreichende Anzahl an Ladepunkten ab mindestens 150 kW. An drei Anlagen, darunter die NRW-Anlage Am Haarstrang Süd (A44), fehlte die Ladeinfrastruktur komplett. Die Anlage Gütersloh Süd verfügte ausschließlich über Säulen zum Superschnellladen von E-Autos (ab 300 kW), allerdings war die Anzahl an Ladepunkten zu gering. „Das Angebot an Ladesäulen, die besonders schnelles Laden ermöglichen, muss weiter ausgebaut werden, um den Umstieg auf das E-Auto attraktiv zu machen, mit dem man auch weite Strecken ohne lange Wartezeiten zurücklegen kann“, sagt ADAC Experte Suthold.

Bundesweit fiel das Ergebnis des ADAC Rastanlagentests 2024 durchwachsen aus. Für 26 der insgesamt überprüften 40 Anlagen gab es nur ein „ausreichend“. Acht Mal wurde die Note „gut“ vergeben und sechs Anlagen fielen mit „mangelhaft“ durch. Ein „sehr gut“ konnte sich wie schon im Vorjahr keine der Rastanlagen verdienen. Beste Anlage im Test war die Rastanlage Fürholzen West an der A9 in Bayern mit der Note „Gut“. Die Anlage überzeugte mit einem gepflegten und familienfreundlichen Umfeld, sauberen Sanitäranlagen und einem umfangreichen und im Vergleich günstigen Speisenangebot in der Gastronomie.

Zehn ADAC Forderungen an die Betreiber von Rastanlagen:

  1. Kompletten Betrieb 24 Stunden am Tag gewährleisteten, ab 22 Uhr zumindest eingeschränktes Angebot
  2. Preise im Restaurant und im Tankstellen-Shop senken, wenn sie sich signifikant von denen in der näheren Umgebung unterscheiden
  3. Preise für Speisen und Getränke transparent darstellen und alte Aushänge zeitnah entfernen/austauschen
  4. Automatische Sanifair-Sitzreinigung regelmäßig warten und befüllen
  5. Beim Einlösen von Sanifair-Wertbons mehrere Bons für den Kauf eines Produkts akzeptieren
  6. Reisende rechtzeitig an der Autobahn darüber informieren, falls Betriebe ganz oder teils geschlossen sind
  7. Ausreichend Sitz- und Picknick-Garnituren mit Beschattung für Selbstversorger vorhalten
  8. Barrierefreien Zugang zu allen Einrichtungen der Rastanlage ermöglichen
  9. Getrennte und genderneutral benutzbare barrierefreie Toiletten und Wickelräume vorhalten
  10. Angebot von superschnellen HPC-Ladesäulen (ab 150 kW) für E-Autos ausbauen

Sechs ADAC Empfehlungen für Reisende:

  1. Schlecht bewertete Anlagen meiden: Wenn Autofahrer von ihrer Marktmacht gebraucht machen und die Nachfrage bei schlecht bewerteten Anlagen sinkt, sind Betreiber zu Verbesserungen gezwungen
  2. Wer sparen will: Proviant von zu Hause mitbringen
  3. Möglichst alle zwei Stunden eine Rast einlegen und sich bewegen
  4. Vor der Reise über Alternativen für die Rast informieren und schöne Orte und Restaurants als Reiseunterbrechung mit Erholungswert suchen
  5. Spritpreise-Apps (z.B. „ADAC Drive“) nutzen und damit die günstigsten Tankstellen und Lademöglichkeiten für E-Autos auch abseits der Autobahn finden
  6. Standorte für Ladepausen im Voraus suchen und einplanen

Methodik: Der ADAC hat in der Hauptreisezeit 40 Rastanlagen entlang der 15 längsten Autobahnen in Deutschland untersucht, davon fünf in Nordrhein-Westfalen. Fünf Kategorien flossen mit unterschiedlicher Gewichtung in die Bewertung ein: „Gastronomie“ (20%), „Preise“ (25%), „Sanitäranlagen“ (25%), „Außenanlagen/Zugang“ (15%) und „zusätzliche Infrastruktur“ (15%). Anhand von etwa 150 Prüfpunkten inspizierten die ADAC Tester jede Rastanlage im Zeitraum von April bis Juli 2024 insgesamt vier Mal. Grundlage des Tests waren die Hauptbedürfnisse von Reisenden, die sich einen barrierefreien und sicheren Zugang zur Raststätte wünschen, um dort die sanitären Einrichtungen zu nutzen, schnell, gut und preiswert zu essen und im Shop Kleinigkeiten einzukaufen. Außerdem wurden Angebote wie etwa die Möglichkeit zum E-Laden bewertet.

Bei jedem Test wurde die Auswahl an warmen und kalten Speisen und Getränken im Restaurant der Rastanlage quantitativ überprüft und die Preise für ausgewählte Angebote erhoben. Außerdem ermittelten die Tester im Shop die Preise eines Warenkorbes mit vorab in Art, Größe oder Menge genau definierten Produkten. Um Aussagen über das Preisniveau treffen zu können, wurden die gleichen Speisen, Getränke und Produkte zusätzlich in Autohöfen erhoben und in Relation gesetzt. In den Sanitäranlagen wurde nach optischer Sauberkeit und Funktionalität bewertet.

Eine Übersicht über die bundesweiten Ergebnisse finden Sie ab Donnerstag, den 12. September 2024 unter adac.de/rastanlagen.

Die Ergebnisse einer separaten ADAC Stichprobe zu den Kraftstoffpreisen an 40 deutschen Autobahntankstellen (davon fünf in NRW) finden Sie hier: Tank-Wahnsinn auf der Autobahn: Höchstpreise in NRW | ADAC NRW

Ein O-Ton-Paket (Audio) sowie Fotos und eine Grafik zur redaktionellen Verwendung (Quelle ADAC e.V.) können Sie hier herunterladen: https://cloud.adac-nrh.de/s/4R2RnEziJQaxmQN


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