Die Seite benötigt aktiviertes Javascript! Wie Sie JavaScript in Ihrem Browser aktivieren

Nordrhein-Westfalen | 25.01.2019

Der ADAC Nordrhein zur Sache: Diesel-Fahrverbote, Grenzwerte, Messstellen

Stellungnahme des ADAC Nordrhein zur aktuellen Diskussion rund um Diesel-Fahrverbote, Stickstoffdioxid-Grenzwerte, Schadstoff-Messstellen und die Berufungsverfahren gegen die Urteile zu Fahrverboten in Köln, Bonn und Essen.

1. Berufungsverfahren gegen Fahrverbotsurteile sind eine Chance und keine Alibi-Veranstaltung

Kommunen und Bezirksregierungen kommunizieren bislang nicht transparent, was aktiv unternommen wird, um Fahrverbote zu verhindern. Stattdessen wird im Hintergrund mit Hochdruck an der Vorbereitung von Ausnahmeregelungen gearbeitet. Dabei sollte die Abwendung vermeidbarer Fahrverbote und der damit verbundenen Belastungen für die Bürger Vorrang haben. Die Kommunen gehen aber offenbar schon selbst von Fahrverboten aus. Das ist nicht hinnehmbar! Ein Berufungsverfahren ist keine Alibi-Veranstaltung, sondern eine echte Chance. Deshalb fordert der ADAC Nordrhein, dass Kommunen und Bezirksregierungen gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, um dem Berufungsgericht rechtzeitig die notwendigen Fakten und Argumente für eine neue Entscheidung vorzulegen.

2. Kommunen und Bezirksregierungen müssen Maßnahmen zur Luftreinhaltung schleunigst nachholen

Es kann nicht sein, dass die Situation seit 2007 bekannt ist, Institutionen wie der ADAC oder die Handwerkskammer sinnvolle Maßnahmen vorschlagen, die Vorschläge aber nicht ernsthaft geprüft, sondern mit Argumenten wie ‚zu teuer‘ oder ‚zu langwierig‘ ad acta gelegt werden. Intelligente Verkehrsleitsysteme können die NOx-Emissionen um mehr als 30 Prozent senken. Auch in Sachen Antriebswende, Umrüstung kommunaler Flotten, ÖPNV und Radinfrastruktur hinken wir hinterher. Für die versäumten Investitionen der letzten zehn Jahre muss jetzt der Verbraucher bitter bezahlen. Kommunen und Bezirksregierungen müssen in effektive und damit ggf. auch kostspielige Maßnahmen investieren, die kurz- und langfristig zu messbaren Verbesserungen der Luftqualität führen.

3. Schadstoffmessungen: Nicht nachvollziehbare Hochrechnungen

Aktuell wird anhand von Messwerten weniger Standorte mit nicht nachvollziehbaren Rechenmethoden die Schadstoffbelastung auf die gesamten Innenstädte hochgerechnet. Der ADAC Nordrhein fordert nicht nur vereinzelte Messungen der Luftqualität, sondern flächendeckende Untersuchungen, die ein realistischeres Bild der Emissionslage in den betroffenen Städten liefern. Punktuelle Grenzwertüberschreitungen rechtfertigen keine großflächigen Fahrverbotszonen wie in Köln oder Essen. Derartige Sperrungen würden zu mehr Umfahrungsverkehr führen, und zwar auf Strecken, die gar nicht dafür ausgelegt sind. Dort steigt dann nicht nur die Schadstoffbelastung, sondern auch die Unfallgefahr.

4. Expertenstreit zeigt: EU-Kommission muss Basis der Grenzwerte überprüfen

Der heftige Expertenstreit um die Herleitung der Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub und die Auswirkungen auf die Gesundheit führt zu noch mehr Verunsicherung bei den Menschen. Die EU-Kommission muss deshalb zeitnah die wissenschaftliche Basis der Grenzwerte überprüfen und mit belastbaren Fakten für Klarheit sorgen.

5. Verhältnismäßigkeit überprüfen: A 40 kann nicht einfach gesperrt werden

Bundesfernstraßen mit überregionaler Bedeutung wie die A 40 können nicht ohne weiteres gesperrt werden. Diese Maßnahme würde das gesamte Ruhrgebiet in ein noch größeres Verkehrschaos stürzen. Ob diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen rechtlich angemessen und verhältnismäßig ist, müssen die nächsten Instanzen klären. Das Urteil ist juristisch höchst umstritten.

6. Fahrverbote erst ab 50 Mikrogramm: Gesetzesentwurf der Bundesregierung ist keine willkürliche Verschiebung des Grenzwertes

Wir begrüßen die Initiative der Bundesregierung zur Anpassung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unter Beachtung der Grenzwerte und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die Begrenzung der Möglichkeit von Fahrverboten auf Gebiete mit einer Überschreitung von mehr als 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft ist keine willkürliche Verschiebung des EU-Grenzwertes. Der Vorschlag trägt nach Auffassung des ADAC nachvollziehbar dem Umstand Rechnung, dass Städte mit einer darunterliegenden Überschreitung des Grenzwerts schon Maßnahmen ergriffen haben bzw. noch nutzen können, um diesen kurzfristig einzuhalten. Es ist vor allem eine Frage der Zeit, wie schnell die beschlossenen oder in Vorbereitung befindlichen Maßnahmen dazu führen, die Vorgaben zur Luftreinhaltung zu erreichen. Mit der Regelung werden kurzfristige Fahrverbote vermieden, die nach wenigen Monaten wieder aufgehoben werden müssten, wenn die Maßnahmen der Städte Wirkung zeigen und die Stickstoffdioxid-Belastung unter den Grenzwert fällt.

7. Hardware-Nachrüstungen: Schluss mit der Blockadehaltung einiger Autohersteller

Trotz Rabatten und Prämien kann sich längst nicht jeder Dieselbesitzer ein neues Fahrzeug leisten. Die Blockadehaltung einiger Autohersteller gegenüber der hochwirksamen Hardwarenachrüstung muss aufhören. Sie haben schließlich den Schaden verursacht. Es darf nicht sein, dass die betroffenen Dieselfahrer je nach Automarke für die Kosten der Nachrüstung aufkommen müssen. Auch die Bundesregierung ist weiter gefordert: Anpassungen der Fahrzeugpapiere oder generelle Ausnahmetatbestände für Fahrverbotszonen sind zwingend erforderlich, damit die umgerüsteten, schadstoffarmen Autos, sollte es dazu kommen, dann auch unkompliziert diese Zonen befahren dürfen.


Bild herunterladen