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Nordrhein-Westfalen | 06.11.2025

ADAC Modellstudie: Plötzliche Sperrung der Bonner Friedrich-Ebert-Brücke hätte dramatische Folgen

Der ADAC hat bei fünf sanierungsbedürftigen Brücken an Autobahnen und Bundesstraßen simuliert, welche massiven Auswirkungen eine spontane Vollsperrung für den Verkehr, die Anwohner und die Umwelt hätte und wie groß die jährlichen volkswirtschaftlichen Kosten wären.

Bei einer plötzlichen Sperrung der Friedrich-Ebert-Brücke auf der A565 in Bonn würde sich der Verkehr in den Bonner Süden sowie in Richtung Köln verlagern. Quelle: PTV/Here

Die plötzliche Sperrung einer Autobahnbrücke kann die Volkswirtschaft jährlich mehrere Hundert Millionen Euro kosten. Autofahrern würden zusammengerechnet Millionen von zusätzlichen Kilometern Umweg drohen. Der ADAC hat in einer Modellstudie bei fünf sanierungsbedürftigen Brücken an Autobahnen und Bundesstraßen simuliert, welche massiven Auswirkungen eine spontane Vollsperrung für den Verkehr, die Anwohner und die Umwelt hätte und wie groß die jährlichen volkswirtschaftlichen Kosten wären. Im Auftrag des ADAC hat das Ingenieur-Büro PTV Transport Consult GmbH Sperrungsszenarien an fünf Großbrücken entwickelt, die auf der bundesweiten Sanierungsliste stehen: Die Friedrich-Ebert-Brücke auf der A565 im Bereich Bonn-Nord, die Norderelbbrücke an der A1 in Hamburg, die Donaubrücke Sinzing über die A3 bei Regensburg, die Böllinger Talbrücke über die A6 bei Heilbronn sowie die Agra-Brücke auf der B2 in Leipzig.

Im deutschen Autobahnnetz müssen rund 8.000 Brückenbauwerke vordringlich saniert und modernisiert werden, um den Anforderungen des heutigen Verkehrsgeschehens gerecht zu werden. In Nordrhein-Westfalen sind 30 Prozent der 6152 Autobahnbrücken sanierungsbedürftig, fast jede zehnte Brücke fällt beim Traglastindex in die schlechteste Kategorie (V) und hat den Zenit ihrer geplanten Nutzungszeit überschritten. In den vergangenen Jahren mussten bereits – teils über mehrere Jahre – Brücken ungeplant und plötzlich gesperrt werden, weil Tragfähigkeit und Standsicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnten. Dazu zählten in NRW u.a. die Talbrücke Rahmede (A45), die Leverkusener Brücke (A1) oder die A42-Brücke über den Rhein-Herne-Kanal (Bottrop/Essen) oder die Emschertalbrücke zwischen Recklinghausen und Herne (A43).

Der ADAC fordert, die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel aus dem Sondervermögen jetzt zu nutzen und in den nächsten Jahren weiter zu steigern, um die Sanierung und Erneuerung von Bauwerken zu beschleunigen: „Insbesondere die Brücken in NRW liegen auf der Intensivstation. Mit jedem Jahr, das bei der Erneuerung einer Brücke ungenutzt verstreicht, steigen die Risiken für Folgeschäden und damit für starke Belastungen von Autofahrern, Anwohnern und Volkswirtschaft erheblich“, mahnt Prof. Dr. Roman Suthold, Verkehrsexperte des ADAC in NRW.

So hätte – wie die ADAC Modellstudie zeigt – zum Beispiel ein plötzlicher Ausfall der Friedrich-Ebert-Brücke (A565) über den Rhein in Bonn dramatische Folgen. Die Brücke zählt zu den wichtigsten Rheinquerungen der Region und bildet eine zentrale Verbindung zwischen dem linksrheinischen Rheinland und den östlich gelegenen Gebieten bis zur Eifel und zum Siebengebirge. Neben ihrer Funktion als Teil des innerstädtischen Autobahnrings erfüllt die Brücke eine entlastende Rolle für andere Bonner Rheinübergänge (z.B. die Kennedybrücke) und gewährleistet eine direkte Erreichbarkeit der Bonner Innenstadt und der Gewerbegebiete im Osten. Pro Tag fahren 120.000 Fahrzeuge über die 1967 errichtete „Bonner Nordbrücke“.

„Aufgrund ihres Alters hat die Brücke eine begrenzte Restnutzungsdauer, die auch durch Sanierungsmaßnahmen nicht ausreichend verlängert werden kann. Das macht einen Ersatzneubau zwingend erforderlich“, erläutert ADAC Experte Suthold. Pkw müssten bei einer plötzlichen Vollsperrung pro Jahr Umwege von insgesamt 50 Millionen Kilometern in Kauf nehmen, Lkw von 5,5 Millionen Kilometern. „Viele Autofahrer würden bei einem Ausfall der Brücke nach Norden in den Kölner Raum ausweichen und dort das Verkehrssystem belasten“, erklärt Suthold. Der volkswirtschaftliche Schaden würde sich jährlich auf mehr als 170 Millionen Euro belaufen.

Für den Autobahnabschnitt der A565 zwischen dem Autobahnkreuz Bonn-Nord und der Anschlussstelle Bonn-Beuel ist ein sechs streifiger Ausbau vorgesehen. Der notwendige Neubau der Rheinbrücke soll im Rahmen dieses Ausbaus erfolgen. Derzeit befindet man sich in der Phase der Vorplanung. Mit einem Baubeginn ist nach heutigem Kenntnisstand frühestens in den 2030er Jahren zu rechnen.

Die Ergebnisse der ADAC Modellstudie für die vier weiteren Brücken: Müsste die mehr als 60 Jahre alte Norderelbbrücke an der A1 in Hamburg von einem Tag auf den anderen gesperrt werden, wären die Folgen ebenfalls immens: Die Brücke wird täglich von rund 125.000 Fahrzeugen genutzt, bei einer Sperrung würde ein Großteil auf die ohnehin schon belastete A7 ausweichen, aber auch in das Hamburger Stadtgebiet. Pkw-Fahrer müssten pro Jahr rund 150 Millionen Kilometer zusätzlich zurücklegen, die Zeit, die Betroffene für Umwegfahrten zusätzlich benötigen oder in Staus verbringen, würde rund 14 Millionen Stunden betragen. Steigen würden zudem der Spritverbrauch, die CO2-Emissionen sowie Lärm und Staus, insbesondere in den näheren Stadtgebieten. Der volkswirtschaftliche Schaden läge bei 334 Millionen Euro jährlich. Sperrungen dauern meist mehrere Jahre, bis Planung, Genehmigung und Bau einer Ersatzbrücke abgeschlossen sind.

Ähnliche Ausmaße hätten auch die Folgen der Brückensperrungen bei Regensburg (A3), Heilbronn (A6) und Leipzig (B2). Eine Vollsperrung der Donaubrücke Sinzing bei Regensburg würde den Verkehr zu weiten Umwegen über die Autobahnen A 93 und A6 zwingen und die Fahrzeiten deutlich verlängern. Der Schaden für die Volkswirtschaft läge bei rund 75 Millionen Euro jährlich. Auch eine Unterbrechung der A6 bei Heilbronn würde großräumige Umwege verursachen und den Verkehr auch auf weiter entfernten Autobahnen wie der A8 und der A5 zusätzlich belasten. Der volkswirtschaftliche Schaden läge hier bei rund 172 Millionen Euro im Jahr. Der Schaden durch eine Brückensperrung auf der B2 in Leipzig wäre zwar mit etwa 14 Millionen Euro pro Jahr verhältnismäßig gering, die Folgen für die Anwohner auf den Ausweichrouten im Osten und Westen der Agra-Brücke jedoch immens.

Grafiken und ein O-Ton-Paket (Audio) zur redaktionellen Verwendung (SPERRFRIST: Donnerstag, 6. November, 0 Uhr) können Sie hier herunterladen: https://cloud.adac-nrh.de/s/yAcZfNkCPadBC5H
 


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