ÖPNV-Preisvergleich: Einzelfahrt in Nürnberg am zweitteuersten
Keine Preisveränderungen zu 2019 +++ Kurzstrecke und Fahrradmitnahme günstiger als im Städtedurchschnitt +++ Sparpotential bei Sondertarifen Tagesticket Plus, Online-Fahrkarten und Jobticket +++
Nürnberg. Die Einzelfahrt mit Bus und Bahn bleibt in Nürnberg vergleichsweise teuer. In einem aktuellen, bundesweiten ADAC-Preisvergleich der ÖPNV-Tarife von 21 Großstädten mit mehr als 300.000 Einwohnern landete die fränkische Metropole mit 3,20 Euro pro Einzelfahrt auf dem vorletzten Platz, nur die Landeshauptstadt München ist mit 3,40 Euro noch teurer. Am günstigsten kommen Kunden in Hamburg mit dem ÖPNV von A nach B, hier kostet eine Einzelfahrkarte nur 2,40 Euro, der Bundesdurchschnitt im ADAC-Test lag bei 2,88 Euro.
Auch bei der Tageskarte müssen Kundinnen und Kunden in Nürnberg tiefer in die Tasche greifen als in anderen Großstädten: 8,30 Euro kostet die Nutzung pro Person für den ganzen Tag, hier sind lediglich Köln, Bonn und Berlin mit 8,80 Euro noch teurer. Am wenigsten kostet das Tagesticket mit 5,35 Euro in Frankfurt am Main.
Sparpotential in Nürnberg bei Sondertarifen und Online-Tickets
Günstiger können mehrere Personen mit dem Sondertarif „TagesTicket Plus“ der VGN in Nürnberg fahren. Für 12,30 Euro können hier bis zu sechs Personen (max. zwei Erwachsene über 18 Jahren) einen ganzen Tag oder das ganze Wochenende in der Tarifzone Nürnberg-Fürth unterwegs sein, Hund und Fahrrad im Preis inbegriffen. Attraktiv ist zudem auch das E-Ticket für Einzelfahrten. Im Vergleich zum Kauf am Automaten kostet das Online-Ticket über die VAG/VGN-App 2,75 Euro. Jürgen Hildebrandt, Leiter des Fachbereichs Verkehr, Technik und Umwelt beim ADAC Nordbayern zu den Ergebnissen: „Wir begrüßen die Entscheidung von VAG und VGN die Preise nicht weiter zu erhöhen und konstant auf dem Niveau von 2019 zu halten, was mit Blick auf die rückläufigen Fahrgastzahlen durch Corona nicht selbstverständlich ist. Allerdings bleibt Nürnberg bei Einzel- und Tagestickets zu teuer und die günstigeren Alternativen wie das Tagesticket Plus oder das E-Ticket sind gerade für auswärtige Gäste und Gelegenheitsnutzer nicht präsent genug kommuniziert, hier besteht aus unserer Sicht Verbesserungspotential.“
Kurzstrecke, Fahrradmitnahme und Jobticket vergleichsweise preiswert
Gut schneidet Nürnberg bei den Fahrscheinen für Kurzstrecken und der Fahrradmitnahme ab. Bei der Kurzstrecke liegt man mit 1,70 Euro genau im Mittelfeld, ähnlich auch bei der Einzelfahrt für Kinder mit 1,60 Euro. Bei der Fahrradmitnahme ist Nürnberg mit 1,60 Euro pro Rad sogar deutlich unter dem Durchschnitt (2,28 Euro). Nur in Frankfurt am Main, Hamburg und Hannover ist die Fahrradmitnahme sogar kostenlos.
Aufgrund der bundesweit sehr unterschiedlichen Tarifkonstruktionen konnten die sogenannten Jobtickets im ADAC-Vergleich nicht berücksichtigt werden. Hier kann Nürnberg jedoch punkten, da das „FirmenAbo“ bereits ab fünf Mitarbeitenden greift und je nach Modell bis zu 15 Prozent günstiger ist als das reguläre Jahresticket. Rechnet man den Arbeitgeberzuschuss hinzu, wird insgesamt ein Ersparnis von 25 bis 30 Prozent erreicht. Beim Preisvergleich der Monatskarten landet Nürnberg ebenfalls im Mittelfeld mit 80,10 Euro, am günstigsten ist es in München mit 57 Euro, Spitzenreiter ist Hamburg mit 112,80 Euro – eine Differenz von fast 100 Prozent.
ADAC fordert flexible, einheitliche Tarife und Kompromiss beim 365-Euro-Ticket
Insgesamt hat der ADAC Preisvergleich die zum Teil großen Unterschiede in fast allen Bereichen verdeutlicht. Aufgrund der verschiedenen Tarifverbünde mit eigenen Regeln, Systemen und Preisen bleibt der ÖPNV in Deutschland zersplittert. Der ADAC plädiert daher für eine weitere Vereinheitlichung der Tarife wie auf der Plattform www.mobility-inside.de bereits forciert. Ziel sollte ein bundesweit einheitliches, leicht verständliches, innovatives und bezahlbares Tarif-System sein, etwa nach dem Londoner Prinzip zum automatisierten Ticketkauf. Dabei wird der Preis pro tatsächlich zurückgelegte Strecke („Check-In/Check-Out“) abgerechnet, München greift diesen Trend aktuell bereits mit dem Pilotprojekt „Swipe+Ride“ auf. Auch die VAG hat ein derartiges System angekündigt und digitalisiert mit der neuen App „Nürnberg Mobil“ weiter ihre Angebote.
Die Zukunft dürfte auch so genannten Multimodalitätstarifen gehören. So können etwa die ÖPNV-Kunden in Augsburg für einen fixen monatlichen Preis verschiedene Verkehrsmittel wie Bus, Tram, Leihrad und Carsharing kombinieren und nutzen. Nach dem gleichen Prinzip funktionieren auch arbeitgeberfinanzierte Mobilitätsbudgets.
In der aktuellen Debatte zur Einführung eines 365-Euro-Tickets ab 2023 in Nürnberg plädiert der ADAC Nordbayern für eine Kompromisslösung, die auch die zusätzlichen Mehrkosten berücksichtigt: „Die politischen Entscheidungsträger im Stadtrat sollten die von der VGN vorgelegte Studie in der Debatte berücksichtigen. Wenn nur 1,9 bis 3,2 Prozent zusätzliche Fahrten entstehen, verpuffen die 55 bis 100 Millionen Euro an jährlichen Mehrkosten praktisch wirkungslos beim angestrebten Verkehrswandel. Hinzu kommt der enorme Investitionsbedarf für neue Fahrzeuge, da schon heute in den Spitzenstunden nahezu keine weiteren Fahrgäste mehr transportiert werden können. Wir sprechen uns daher für ein Modell aus, das die bisherigen, komplizierten Tarife ersetzt und je nach Entfernung für die Nutzerinnen und Nutzer ein preislich faires und sozial ausgewogenes ÖPNV-Angebot auf den Weg bringt, um mehr Menschen vom ÖPNV zu überzeugen. Eine einheitliche Lösung – zumindest der großen bayerischen Tarifverbünde – wäre hier wünschenswert“, so Hildebrandt vom ADAC Nordbayern.
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