Durch Karlsruhe gern mit dem Rad, besser nicht mit dem Auto
ADAC Monitor „Mobil in der Stadt“ untersucht Zufriedenheit von Verkehrsteilnehmern | Stimmungsbild in Karlsruhe wenig überraschend
Karlsruhe. Wie zufrieden waren Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger und Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs von August bis Oktober 2020 mit dem Mobilitätsangebot in ihrer Stadt? Das haben Bewohner, Pendler und Besucher von 29 Städten in Deutschland dem ADAC in rund 12.000 Interviews verraten. Die Ergebnisse des „ADAC Monitor Mobil in der Stadt“ geben das Stimmungsbild von jeweils rund 400 befragten Verkehrsteilnehmern einer Stadt anhand eines Zufriedenheitsindex wieder. Karlsruhe schneidet dabei im Gesamtranking über alle vier Fortbewegungsarten mit dem zwölften Platz ab. Im Umfragebereich Fahrrad konnte sich die Fächerstadt den zweiten Platz hinter der Fahrradstadt Münster sichern. Bei den Autofahrern hingegen landete sie auf dem vorletzten Platz. Diese beiden Mobilitätsformen liegen nur in der Fächerstadt so weit auseinander, bei allen anderen Städten liegen die Teilindices eher nah beieinander. Mit dem jeweils 16. Rang erreichten ÖPNV und Fußverkehr in Karlsruhe eine Platzierung im Mittelfeld.
Hohe Zufriedenheit der Fahrradfahrer
Als Kompliment für die Bemühungen der Stadt für ihre Radler kann die hohe Zufriedenheit in diesem Teilbereich gewertet werden. Besonders positiv wird das Radwegenetz, der Zustand der Radwege und deren Breite bewertet. Aber auch mit dem Sicherheitsgefühl sind Radfahrer in Karlsruhe sehr zufrieden. 15 Jahre gezielte Radverkehrsförderung machen sich hier bemerkbar: Konsequent hat die Stadt die Bedürfnisse der Fahrradfahrer ermittelt, Radwege ausgebaut und gleich mehrere innerstädtische Achsen als Fahrradstraßen umgebaut. Auffällige Markierungen sorgen dafür, dass die Radwege für Autofahrer nicht zu übersehen sind.
Deutliche Unzufriedenheit der Autofahrer
Ganz anders sieht es bei den Autofahrern aus – sie bewerten ihre Mobilitätssituation so schlecht, dass Karlsruhe gemeinsam mit Lübeck auf dem zweitletzten Platz vor Potsdam liegt. Während das Baustellenmanagement im Durchschnitt für 37 Prozent Unzufriedenheit sorgt, sind es in Karlsruhe 53 Prozent der Befragten, die für diesen Punkt die Schulnoten fünf und sechs vergaben. Angesichts der nervenzehrenden Großbaustellen für die U-Bahn und für die Untertunnelung der wichtigsten innerstädtischen Achse, der Kriegsstraße, verwundert das nicht. Zumal im Zeitraum der Befragung mehrere notwendige Bauprojekte an Gleisen und Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs fallen, die in die Sommerferienzeit gelegt worden waren. Bauarbeiten der Stadtwerke für das Fernwärme- und Stromnetz taten ein Übriges, um zügiges Vorankommen in der Fächerstadt zu verhindern. Lange Staus vor den Baustellen auf der Autobahn A5 und an der Rheinbrücke sorgten zusätzlich für einen Verlagerungsverkehr, der sich seine Wege mitten durch die Stadt gesucht hat. „Alles in allem eine sehr schlechte Situation für Autofahrer, die sich voraussichtlich auch 2021 nicht bessern wird“ erklärt Thomas Hätty, Leiter Verkehr und Technik im ADAC Nordbaden. „Die Mitglieder erkundigten sich häufig, wie sie denn heute in Karlsruhe von A nach B kommen sollen. Solche Routenanfragen zeigen, wie schwierig die Verkehrslage in der Stadt derzeit ist.“ Kritik gab es auch am Parkraumangebot und der Höhe der Parkgebühren. Diese steigen auf den öffentlichen Stellplätzen in diesem Jahr sogar noch weiter an mit dem Ziel, mehr Autofahrer in nicht ausgelastete Parkhäuser oder zum ÖPNV zu lenken. Die Unzufriedenheit beim Parkraumangebot ist im Vergleich mit den übrigen 28 Städten besonders ausgeprägt: Der Indexwert liegt in Karlsruhe bei minus 23, im Schnitt sind es minus 13 Indexpunkte. Dies passt zu den Rückmeldungen, die der ADAC Nordbaden von seinen Mitgliedern zum Parken kennt. Sinnvoll aus Sicht des ADAC wären innenstadtnahe Park-und-Ride-Plätze, die einen schnellen Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr ermöglichen, sowie mehr Parkflächen für Anwohner.
Besser als der Gesamtdurchschnitt wurde in Karlsruhe nur das Carsharing-Angebot bewertet. Die Stadt verfügt deutschlandweit über die höchste Dichte an Carsharing-Fahrzeugen gemessen an der Einwohnerzahl.
Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer
„Nicht regelkonformes Verhalten der Radfahrer“ ist ein Punkt, der in Karlsruhe nicht nur aus der Sicht der Autofahrer, sondern auch aus der Sicht der Fußgänger bei vielen Befragten für Unzufriedenheit sorgt – und zwar häufiger als in anderen Städten. Unter den Fußgängern in Karlsruhe war die Unzufriedenheit mit den Radfahrern mehr als doppelt so hoch wie mit den Autofahrern. Sogar die Radfahrer selbst gaben an, mit dem Verhalten anderer Radfahrer unzufriedener zu sein als mit dem der Autofahrer. Aber: Der Anteil des Radverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen ist laut einer Verkehrsbefragung der Stadt Karlsruhe in Karlsruhe im Vergleich zu vielen anderen Städten überdurchschnittlich hoch. Rund 30 Prozent der täglichen Fahrten an Werktagen werden mit dem Rad zurückgelegt. Kurz: Wo viel geradelt wird, fallen Verstöße auch schneller auf. Hier ist jeder Einzelne gefragt, sich an die Regeln zu halten und andere Verkehrsteilnehmer zu respektieren. Kampagnen für ein faires Miteinander, an denen sich auch der ADAC Nordbaden beteiligt, werden in Karlsruhe bereits umgesetzt.
Mehr Zufriedene als Unzufriedene bei Fußverkehr und ÖPNV
Von Fußgängern und ÖPNV-Nutzern gab es in Karlsruhe kaum Kritik, die Platzierung liegt im Vergleich zu den übrigen Städten im Mittelfeld. Fußgänger schätzen in Karlsruhe das Angebot an gesicherten Überquerungsmöglichkeiten und deren Beleuchtung sowie die Breite und den Zustand der Gehwege. Im öffentlichen Nahverkehr waren die Befragten mit der Dichte der Haltestellen, den Wegen beim Umsteigen und der Häufigkeit der Verbindungen am zufriedensten. Am meisten Kritik gab es für das Preis-Leistungsverhältnis.
Corona sorgte für Umsteiger
Seit Corona haben 36 Prozent der Befragten in Karlsruhe den ÖPNV seltener oder gar nicht mehr benutzt. Während die Studienteilnehmer im Durchschnitt der 29 untersuchten Städte zu 20 Prozent angaben, seit Corona das Auto häufiger einzusetzen, waren es in Karlsruhe allerdings nur 15 Prozent – passend zur oben beschriebenen Baustellensituation. 14 Prozent steigen häufiger aufs Rad, 22 Prozent gehen häufiger zu Fuß.
Das Fazit von Verkehrsexperte Hätty fällt nüchtern aus: „Insgesamt sehen wir in den Ergebnissen unserer Befragung eine Momentaufnahme, die sich mit den Rückmeldungen unserer Mitglieder über die letzten Jahre weitgehend deckt: Karlsruhe kann auf seine Entwicklung im Bereich Fahrrad stolz sein. Für Autofahrer wird es auch weiterhin schwer bleiben, denn die Verkehrsentwicklung der Stadt zielt auf weniger motorisierten Individualverkehr ab.“ Außerdem müssen die Autofahrer bis zur Fertigstellung der Kombilösung und weiterer Projekte wie etwa der Sanierung des Edeltrudtunnels weiterhin Geduld beweisen. Zwei Punkte könnten sich laut Hätty relativ kurzfristig positiv auf den Pkw-Verkehr auswirken: Wenn sich die Mobilität durch weitere Homeoffice-Nutzung dauerhaft reduziert und wenn im ÖPNV die Hygienemaßnahmen konsequent durchgesetzt werden und die Taktung erhöht wird, um wieder mehr Menschen zum Einsteigen zu bewegen.
Die kompletten Ergebnisse des ADAC Monitor „Mobil in der Stadt“ können unter adac.de/monitor nachgelesen werden.
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