ADAC Test Radwegbreiten: Wie breit ist breit genug?
Jeder dritte Radweg in Deutschland ist zu schmal – auch in Hannover
Ausreichend Platz und Sicherheit in den Städten – für alle Verkehrsteilnehmer! Ein wichtiges Thema für den ADAC und eine große Herausforderung in historisch gewachsenen Städten wie Hannover. Immer mehr Menschen steigen aufs Fahrrad und somit auf die Fahrradwege um, die sie sich mittlerweile mit Lastenrädern, Fahrrädern mit Anhängern, Pedelecs und E-Scootern teilen müssen.
Ob der Platz auf den Radwegen dafür ausreicht, wollte der ADAC in seinem aktuellen Test „Radwegbreiten“ wissen. Dafür wurden in zehn deutschen Landeshauptstädten insgesamt 120 Fahrradrouten des Alltagslebens angesehen und gemessen. Das Ergebnis war ernüchternd: Nur jeder fünfte Radweg erreichte oder überschritt die empfohlene Regelbreite von zwei Metern. So auch in Hannover, wo 36 Prozent der getesteten Radwege schmaler als die empfohlene Mindestbreite von 1,60 Meter sind. An einigen Engstellen erreichten die Radwege sogar nur eine Breite von einem Meter, was für Überholvorgänge problematisch ist. Positiv wurde bewertet, dass es im Vergleich zu anderen Teststädten sehr wenige Hindernisse, wie z. B. Schilder oder Masten, auf den Radwegflächen gab. Auch die Tatsache, dass es in Hannover mehr reine Radwege als kombinierte Geh- und Radwege gibt, hat sich positiv ausgewirkt. Insgesamt reichte es für die 12 Testrouten in Hannover allerdings nur für ein mangelhaftes Ergebnis. Ähnlich schlecht wie Hannover wurde Mainz bewertet, sieben Städte bekamen ein nicht viel besseres ausreichend. Lediglich Kiel erhielt die Note gut.
Es gibt also viel zu tun, denn es steht nur begrenzt Platz zur Verfügung. Das liegt auch daran, dass in Hannover schon vor 30 Jahren, also sehr früh und weitsichtig, mit umfangreicher Radwegeplanung begonnen wurde. Anders als in anderen Städten gibt es mehr reine Radwege und nicht kombinierte Geh- und Radwege In der damaligen Zeit war das Mindestmaß für Radwege natürlich ein anderes als heute. Die Anforderungen an die Radwegbreite steigen weiter, z. B. durch die Nutzung von Lasten- und Elektrorädern. Dennoch können 1.900 Kilometer Radverkehrsanlagen nicht komplett neu gebaut werden. Es gilt also, für die Verteilung des zur Verfügung stehenden Verkehrsraums pragmatische Lösungen zu finden und so eine bedarfsgerechte Mobilität zu bieten. Gefordert sind neue Ideen und intelligente Planungen, überall nur auf die Straße auszuweichen ist aus ADAC Sicht keine Option.
Politik, Verwaltung und Interessenverbände müssen gemeinsam nach Lösungen suchen. Der ADAC ist offen dafür und hat die folgenden Empfehlungen:
- Die Verkehrsinfrastruktur in Hannover muss den Verkehr sicher und effizient abwickeln können, d.h. auf bestimmten Routen müssen bestimmte Verkehre priorisiert werden, sonst lässt sich das Flächenproblem nicht lösen. Das schließt den Kfz-Verkehr und ÖPNV gleichermaßen ein wie den Radverkehr.
- Der Radverkehr sollte daher auf Hauptradrouten gebündelt werden, im nachgelagerten Netz ist aber zumindest ein Mindestangebot vorzuhalten. Die neue StVO ermöglicht es, z. B. mit Fahrradzonen ein attraktives Angebot für den Radverkehr im Nebenstraßennetz zu schaffen.
- Ausbau bzw. Ertüchtigung der Hauptradrouten für ein durchgängiges, qualitativ hochwertiges und vor allem sicheres Radroutennetz
- Für Hannover bedeutet es, konzeptionell an dem Velorouten-Konzept weiterzuarbeiten
- Radfahrer sollen weiterhin freie Fahrt haben. Um blockierte Radverkehrsanlagen vor Falschparkern zu schützen, muss regelmäßig kontrolliert und Parkverstöße geahndet werden
- Auch das Verhalten im Stadtverkehr ist entscheidend: Wir brauchen mehr Rücksichtnahme und Verständnis für den jeweils anderen Verkehrsteilnehmer.
Der ADAC begrüßt angesichts des Testergebnisses, dass das Land Niedersachsen die Radfahrinfrastruktur in den nächsten Jahren weiter verbessern will und die Mittel ein weiteres Mal aufstockt. Im zweiten Nachtragshaushalt wurden 20 Millionen Euro zusätzlich bis 2022 für ein Rad- und Radwegsonderprogramm eingestellt.
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Die Landeshauptstadt Hannover zum ADAC Test:
„Hannover hat gegenüber vielen anderen Städten ein sehr großes Radwegenetz sowohl für den alltäglichen Verkehr als auch für den Freizeitverkehr. Dieses Netz ist über Jahrzehnte gewachsen. Die Breite der Radwege – wie auch der Fahrbahnen und der Gehwege – orientiert sich natürlich an den zum Zeitpunkt der Erstellung geltenden Richtlinien. Einen Trend für mehr Berücksichtigung des Radverkehrs kann man als Folge in den jüngsten Novellierungen der Straßenverkehrsordnung seit 1998 nachvollziehen.
Die Ziele für den Radverkehr sind im Leitbild Radverkehr sowie im Masterplan Mobilität festgelegt und werden mit dem Netzkonzept Radverkehr sowie aktuell mit dem von den Ratsgremien zur Umsetzung beschlossenen Veloroutenkonzept konkretisiert. Das Netz aus stadtteilverbindenden Routen wird hinsichtlich der Breite natürlich einen anderen Standard aufweisen als zum Beispiel Bestandsanlagen aus den 1980er-Jahren.
Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit einer Verkehrswende mit deutlicher Stärkung der Bedeutung des Radverkehrs werden schon seit einigen Jahren die Radverkehrsanlagen in Hannover ausgebaut und verbessert und so für einen gewünschten Anstieg des Radverkehrsanteiles auf 25 Prozent im Jahre 2025 fit gemacht. Dafür wurden in den vergangenen Jahren jeweils circa 5 Millionen Euro investiert. Mit dem derzeit angeschobenen und im Haushalt mit Mitteln ausgestattetem Veloroutenkonzept sowie dem Bau von Radschnellwegen als Verbindung in die Nachbarkommunen werden die Angebote für den täglichen Radverkehr in den nächsten Jahren noch deutlich verbessert werden. Dann natürlich auch in den heutigen Anforderungen entsprechenden Breiten.“, so Sabine Tegtmeyer-Dette, Erste Stadträtin und Wirtschafts- und Umweltdezernentin der Landeshauptstadt Hannover.
Der ADFC Stadt Hannover zum ADAC Test:
"Die Radwegebreite ist mitentscheidend, um mehr Menschen erfolgreich zum alltäglichen Rad fahren einzuladen. Radwege müssen sich für alle Radfahrer*innen - alt oder jung, schnell oder langsam, geübt oder ungeübt - komfortabel und sicher anfühlen. Sicheres und zügiges Überholen muss ebenso möglich sein wie kommunikatives Nebeneinanderfahren. Entsprechend sind beim Ausbau der Velorouten breite und durchgängige Radverkehrs-Anlagen ein Muss. Das für Hannover beschlossene Velorouten-Netz muss schnellstmöglich, auf jeden Fall schneller als in 10 Jahren, realisiert werden.", sagt Eberhard Röhrig-van der Meer, Vorsitzender ADFC Stadt Hannover.
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Hintergrund
Die Tester des ADAC radelten zwischen März und Mai 2020 durch die zehn Landeshauptstädte Bremen, Dresden, Erfurt, Hannover, Kiel, Mainz, München, Saarbrücken, Stuttgart und Wiesbaden. In Relation zur Einwohnerzahl wurden zwischen zehn und 18 Testrouten pro Stadt ausgewählt. Sie repräsentieren typische Wege des Alltagslebens zur Schule, Uni, Arbeit, Einkauf, Besuchen oder Freizeit. Zur Bewertung der unterschiedlichen Breiten orientierte sich der ADAC an den Maßen der Empfehlungen Radverkehrsanlagen (ERA), die von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen für die unterschiedlichen Radwegtypen herausgegeben werden. Beurteilt wurde ausschließlich die tatsächlich nutzbare Radwegbreite.
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