ADAC Umfrage zu Motorradlärm: Mehrheit ist für höhere Strafen bei Auspuffmanipulationen
ADAC Mittelrhein und Hochschule Worms befragten über 3.000 Motorradfahrerinnen und -fahrer
Immer öfter verzweifeln Anwohner in stark befahrenen Regionen, weil ihnen Biker mit ihren Motorrädern akustisch den Nerv rauben. Der Bundesrat fordert aus Gründen des Lärmschutzes zeitlich beschränkte Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen. In Tirol gibt es auf einigen Strecken bereits ein saisonales Fahrverbot für Motorräder, die einen bestimmten, in den Fahrzeugpapieren eingetragenen Standgeräuschwert überschreiten. Und auch hierzulande werden die unterschiedlichsten Maßnahmen diskutiert.
Der ADAC Mittelrhein e.V. und die Hochschule Worms führten im Rahmen eines Forschungsprojektes zum Motorradtourismus von April bis Mai 2022 eine Umfrage unter Bikern zum Thema Motorradlärm durch. Der Fragebogen wurde unter anderem auf den Websites der Zeitschrift Motorrad und der Biker Union, der größten deutschen Interessenvertretung für Motorradfahrer, veröffentlicht. Ausgewertet wurden über 3.000 ausgefüllte Fragebögen.
Die Mehrheit der befragten Motorradfahrerinnen und -fahrer spricht sich gegen die bei einigen Motorrädern verwendeten Klappenauspuffanlagen aus, die oftmals zur Lärmbelästigung bei Anwohnern führen („Ein Klappenauspuff gehört nicht in den Straßenverkehr“: 49% stimme zu / 11% stimme eher zu / 18% lehne ab / 8% lehne eher ab / 14% teils-teils). Grundsätzlich dürfen die Fahrgeräusche gemäß Typzulassungsvorschriften von neu zugelassenen Fahrzeugen nicht den seit 2017 gültigen Grenzwert von 77 Dezibel überschreiten.
52% der Befragten lehnen laute Motorräder ab und 56% würden leisere Modelle kaufen, sofern die Hersteller diese anbieten würden. 53% sprechen sich im Falle von Manipulationen an der Auspuff-anlage für höhere Strafen aus. Aktuell ist mit einem Bußgeld von bis zu 270 Euro und Punkten in Flensburg zu rechnen. Dazu ist bei einer illegalen Auspuffanlage die Betriebserlaubnis erloschen, was zu erheblich höheren Kosten führen kann.
Die Diskussion um verstärkte Kontrollen findet sich auch in den Umfrageergebnissen wieder: 31% der Befragten stimmen zu („Es sind mehr Kontrollen notwendig, bei denen der Lärm gemessen wird“), 24% lehnen diese ab. 73,3% der Befragten sprechen sich für eine freiwillige Anpassung des Fahrverhaltens in Ortschaften und an Ortsausgängen aus. Nur 2,8% sprechen sich für temporäre Streckensperrungen aus. Einig sind sich die Befragten, dass nur einige ,schwarze Schafe‘ alle Motorradfahrer in Verruf bringen.
Alle Umfrageergebnisse finden Sie hier.
„Die überwiegende Mehrheit der Motorradfahrer ist sich der Problematik um Motorradlärm völlig bewusst. Sie befürchtet zurecht, dass manipulierte Motorräder und gezielte Lärmbelästigung schon sehr bald zu Streckensperrungen führen können. Mit Kollektivstrafen ist aber niemandem geholfen, diese lehnen wir als ADAC ab, hier müssen wir gemeinsam an zielführenden Lösungen arbeiten“, betont Prof. Dr. Peter König, Vorstand Verkehr & Technik beim ADAC Mittelrhein e.V..
Die Ergebnisse der Umfrage bilden nur einen Teil des Forschungsansatzes ab. „Wichtig ist im nächsten Schritt, in betroffenen Regionen weitere Untersuchungen durchzuführen und die Perspektive von Bewohnern mit in die Diskussion aufzunehmen, genauso wie Steuerungsinstrumente hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit zu betrachten“, betont Prof. Dr. Knut Scherhag vom Fachbereich Touristik/Verkehrswesen der Hochschule Worms.
Der ADAC Mittelrhein hat in 2021 ein bundesweites Pilotprojekt gestartet. Im Gelbachtal, das mit seinen kurvenreichen Straßen gerade bei Motorradfahrern ein beliebtes Ausflugsziel ist, wurden Hinweisschilder installiert, die Biker auf lärmsensible Streckenabschnitte aufmerksam machen sollen. Zahlreiche Landkreise und Verbandsgemeinden wurde auf diese Aktion aufmerksam und baten den ADAC um Rat. Auch das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium begrüßt die ADAC-Initiative. Staatssekretär Andy Becht: „Mir ist wichtig, dass die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner und der Motorradfahrer in Einklang gebracht werden.“
Dass es akuten Handlungsbedarf gibt, weiß man auch bei der Biker Union. „Einige Zeitgenossen lassen sich durch Dialog und mahnende Worte nicht bekehren, so dass es entsprechender Sanktionen bedarf“, erklärt der Vorsitzende Rolf Frieling. „Wer sich nicht an die geltenden Regeln hält, muss mit den Konsequenzen rechnen.“
Sind also mehr Kontrollen die Lösung? Leider nicht, denn es scheitert oftmals nicht nur am fehlenden Personal, sondern auch an der Ausrüstung. Viele Verkehrsdirektionen verfügen nicht über Dezibel-Messgeräte, um wirksame Kontrollen durchführen zu können. Es gibt also viel zu tun und die Problematik Motorradlärm wird Politik, Biker und Anwohner wohl noch einige Zeit beschäftigen.
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