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Mittelrhein | 16.07.2025

18. TruckSymposium: Forderungen für klimafreundlichen und sicheren Straßengüterverkehr

120 Experten aus Wirtschaft und Politik diskutieren beim ADAC Truck-Grand-Prix am Nürburgring Lösungsansätze für eine nachhaltige Transportlogistik und stellten klare Forderungen an die Politik.

120 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Verbänden und Medien kamen am 11. Juli beim 18. TruckSymposium im Bitburger Event-Center zusammen, um über die aktuellen Herausforderungen der Transport- und Logistikbranche zu diskutieren und praxisnahe Wege hin zu einem klimafreundlicheren Straßengüterverkehr aufzuzeigen.

Moderiert von Prof. Dr. Dirk Engelhardt (Vorstandssprecher Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung) diskutierten auf dem Podium u. a. Staatssekretärin Petra Dick-Walther (Landesregierung Rheinland-Pfalz), Anja Ludwig (KRAVAG Truck Parking), Dr. Matthias Schubert (TÜV International GmbH), Marco Hamann (TÜV Rheinland Kraftfahrt GmbH), ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand und Rudi Speich (Vorsitzender ADAC Mittelrhein e. V.).

Die gemeinsame Veranstaltung des ADAC Mittelrhein e.V. und TÜV Rheinland bot eine Plattform für den fachlichen Austausch und stand ganz im Zeichen nachhaltiger, sicherer und zukunftsfähiger Mobilitätslösungen im Straßengüterverkehr. Im Mittelpunkt standen alternative Antriebstechnologien, die Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG), der eklatante Mangel an Lkw-Stellplätzen sowie politische und infrastrukturelle Maßnahmen für eine erfolgreiche Transformation der Branche.

Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes im Fokus

Kim Onneken, Principal Consultant der TÜV Rheinland Consulting GmbH, beleuchtete die konkreten Auswirkungen des Energieeffizienzgesetzes auf die Transportbranche. Unternehmen – auch kleinere und mittlere – stehen seit 2023 in der Pflicht, ihren Energieverbrauch systematisch zu erfassen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Reduktion umzusetzen. Onneken machte deutlich: Neben möglichen Bußgeldern bei Nichtbeachtung (bis zu 100.000 Euro gemäß § 19 EnEfG) erfordert die praktische Umsetzung erhebliche personelle und digitale Ressourcen.

Sichere Parkplätze mit Komfort als Standortfaktor

Gerhard Hauptstein von der XXLKW Secure Parking Elbebrücke GmbH stellte mit einem Projekt an der A9 eine moderne Lösung für die Lkw-Parkplatznot vor: videoüberwachte Stellflächen, Trucker-Lounge, Sanitäranlagen, Ladeinfrastruktur für E-Lkw und Vorabreservierung via App – ein Konzept, das Sicherheit und Fahrerkomfort gleichermaßen in den Mittelpunkt stellt. Angesichts des Mangels von rund 40.000 Lkw-Stellplätzen bundesweit, sei ein Umdenken in der Infrastrukturplanung überfällig, so Hauptstein.

Alternative Antriebe in der Praxis

Mehrere Spediteure berichteten über ihre Erfahrungen mit alternativen Antrieben:
Horst Kottmeyer von der Kottmeyer GmbH & Co. KG schilderte seine positiven Praxiserfahrungen mit HVO100, einem zu 100 % aus hydrierten Pflanzenölen bestehenden Kraftstoff, der die CO?-Emissionen um bis zu 90 % reduziert. Der etwas höhere Preis gegenüber Diesel stelle für viele Unternehmen derzeit noch eine Hürde dar ebenso wie die begrenzte Verfügbarkeit an öffentlichen Tankstellen.

Johannes Metzger, CEO der Metzger Spedition GmbH, setzt konsequent auf batterieelektrische Lkw (u.a. MAN eTGM, Volvo FH Electric Aero) sowie eigene Ladeinfrastruktur inklusive Photovoltaik. Ergänzt wird der Fuhrpark durch HVO100-Zapfsäulen auf dem Firmengelände.

Alexander Kay Steinberg von der Edgar Graß Speditions-GmbH & Co. KG berichtete vom Übergang auf fossiles und später Bio-LNG. Trotz beachtlicher Laufleistungen und ursprünglicher Förderanreize sei die Wirtschaftlichkeit durch steigende Kosten und politische Kehrtwenden inzwischen in Frage gestellt.

E-Lkw im Einsatz, aber Infrastruktur fehlt

Marc Hartmann von der Peter Niesen GmbH & Co. stellte den Einsatz von E-Lkw wie dem Mercedes eActros 300 vor. Trotz hoher Investitionskosten überzeugten die Fahrzeuge im Betrieb – wenn auch die lückenhafte Ladeinfrastruktur und eingeschränkte Reichweiten den flächendeckenden Einsatz bislang ausbremsten. Ohne staatliche Förderung sei die Elektromobilität im Schwerlastverkehr derzeit kaum wirtschaftlich umsetzbar.

Als Ergebnis der Fachvorträge und Diskussionen formulierte die Experten folgende fünf Empfehlungen und Forderungen für die Transport- und Logistikbranche:

1. Weniger Bürokratie schaffen, nicht mehr!
Das nationale Energieeffizienzgesetz (EnEfG) ist am 18.11.2023 in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, die Energieeffizienz zu steigern und damit den Primär- und Endenergieverbrauch sowie den Import und Verbrauch fossiler Energien zu senken. Gleichzeitig soll die Versorgungssicherheit verbessert und der weltweite Klimawandel eingedämmt werden.

Seit 2024 verpflichtet das Gesetz Unternehmen unter anderem dazu, verstärkt Maßnahmen zur Energieeinsparung umzusetzen. Unternehmen mit einem durchschnittlichen Gesamtenergieverbrauch von mehr als 7,5 Gigawattstunden (GWh) in den letzten drei Kalenderjahren müssen verpflichtend Energie- oder Umweltmanagementsysteme nach ISO 50001 bzw. ISO 50005 oder EMAS einführen. Bei einem Verbrauch von mehr als 2,5 GWh sind Unternehmen zudem verpflichtet, innerhalb von drei Jahren konkrete und umsetzbare Maßnahmenpläne für wirtschaftlich identifizierte Einsparpotenziale zu erstellen und zu veröffentlichen.

Das EnEfG geht dabei stellenweise deutlich über die EU-Energieeffizienzrichtlinie (2012/27/EU) hinaus und stößt daher gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Lage auf breite Kritik. Die zusätzlichen Anforderungen führen in vielen Betrieben zu erheblichem bürokratischem Mehraufwand, insbesondere auch in der Logistik- und Transportbranche. Dies widerspricht dem politischen Ziel des Bürokratieabbaus. Vor dem Hintergrund der von der Bundesregierung angestrebten Entbürokratisierung und der damit verbundenen Erwartungshaltung der Wirtschaft ist es dringend notwendig, die Vorgaben zu verschlanken, soweit es der EU-Rechtsrahmen zulässt.

2. Mehr Lkw-Parkplätze und das Dauerproblem endlich lösen!
Deutschland leidet seit Jahren unter einem massiven Mangel an Lkw-Stellplätzen. Laut Bundesverkehrsministerium (BMV) fehlen rund 20.000 Stellflächen, unabhängige Experten schätzen den Bedarf sogar auf bis zu 40.000 Plätze. Zwar investiert der Bund jährlich etwa 100 Millionen Euro in neue Lkw-Parkplätze, das reicht jedoch bei weitem nicht aus. Der Güterverkehr wächst schneller, als der Infrastrukturausbau Schritt halten kann. Die Folge: Trucker müssen auf ungeeignete und oft unsichere Abstellflächen ausweichen. Gleichzeitig fehlt es auf vielen vorhandenen Parkplätzen an grundlegender Infrastruktur, insbesondere an sauberen Sanitäranlagen und Versorgungseinrichtungen. Hinzu kommen erhebliche Sicherheitsrisiken durch mangelnde Beleuchtung und fehlende Überwachung mit zunehmender Gefahr von Ladungs- und Dieseldiebstählen.

Der Bund muss hier deutlich stärker investieren, auch aus dem 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Infrastruktur. Deutschland braucht eine flächendeckende, moderne Lkw-Parkplatz-Infrastruktur mit ausreichender Kapazität, guter Ausstattung und hohen Sicherheitsstandards. Das erhöht nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern macht auch den Fahrerberuf wieder attraktiver, insbesondere für junge Menschen.

3. HVO100 gezielt fördern, Versorgung und Verfügbarkeit ausbauen
Der alternative Kraftstoff HVO100 (100 % Hydrierte Pflanzenöle), an Tankstellen durch das XTL-Symbol gekennzeichnet, kann die Treibhausgasemissionen im Lebenszyklus gegenüber herkömmlichem Diesel um bis zu 90 % senken.

Neben der exzellenten Ökobilanz spricht für HVO100, dass er sich – wie herkömmlicher Diesel – problemlos transportieren, lagern und tanken lässt. Aufwendige Umrüstungen der Fahrzeuge oder Tanktechnik sind nicht erforderlich. Viele Speditionen nutzen HVO100 daher bereits erfolgreich im Alltag – ohne erkennbare technische Einschränkungen.

Allerdings ist der Biokraftstoff aktuell deutlich teurer als Diesel und an nur rund 350 von bundesweit etwa 14.000 Tankstellen verfügbar. Das hemmt seine flächendeckende Nutzung im Straßengüterverkehr. Daher braucht es gezielte staatliche Maßnahmen: Die heimische Produktion von HVO sollte gefördert und zugleich sichergestellt werden, dass nur ökologisch verantwortbare Rohstoffe verwendet werden. Importe aus zweifelhaften Palmölquellen sind strikt abzulehnen. Zudem sollte der Ausbau des HVO100-Tankstellennetzes für Nutzfahrzeuge unterstützt und der Kraftstoff durch steuerliche Entlastung sowie Mautvorteile attraktiver gemacht werden, um Anreize zur CO?-Reduktion dauerhaft zu stärken.

4. Bezahlbare E-Lkw mit hoher Reichweite statt Hochpreis-Insellösungen
Die Elektromobilität wird auch im Fernverkehr mit schweren Nutzfahrzeugen eine tragende Rolle spielen. Fachleute sind sich einig: Der Wandel ist unausweichlich. Batterieelektrische Lkw fahren lokal emissionsfrei und leise und verändern den Fahreralltag kaum. Statt Diesel wird künftig Strom „getankt“, sofern ausreichend Ladeinfrastruktur vorhanden ist. Auch Herausforderungen in Wartung und Service sind für Unternehmen lösbar, etwa durch Weiterbildung zum Hochvolt-Techniker.

Handlungsbedarf besteht hingegen bei Reichweite, Ladegeschwindigkeit und Netzausbau. E-Lkw sind in der Anschaffung noch extrem teuer und auch der Aufbau eigener Ladepunkte ist kostenintensiv. Hier sind sowohl Fahrzeug- als auch Batteriezulieferer gefragt, bezahlbare Modelle mit hoher Reichweite und Schnellladefähigkeit anzubieten. Gleichzeitig ist politische Unterstützung unerlässlich: für Kaufprämien, Ladeinfrastruktur und eine dauerhaft reduzierte Maut für Elektro-Lkw. Zudem braucht es bundesweit mehr öffentlich zugängliche Schnellladepunkte, gezielt ausgelegt für schwere Nutzfahrzeuge. Nur so kann der Einstieg in die E-Mobilität auch für kleinere Unternehmen wirtschaftlich gelingen.

5. Technologieoffenheit erhalten, Brückentechnologien fördern
Der Weg hin zur emissionsfreien Mobilität ist noch lang und erfordert Offenheit gegenüber allen zukunftsfähigen Technologien. Alternative Antriebe wie LNG, Bio-LNG, Wasserstoff, E-Fuels oder HVO100 leisten bereits heute wertvolle Beiträge zur Dekarbonisierung und sollten entsprechend berücksichtigt und gefördert werden. Neben batterieelektrischen Antrieben und Brennstoffzellen verdient auch der Wasserstoff-Verbrennungsmotor (H2 ICE) Aufmerksamkeit: Diese Technologie basiert auf bewährten Dieselkomponenten und bietet ähnliche Leistungsdaten bei deutlich geringerem CO?-Ausstoß.

Wichtig ist: Der Staat darf sich nicht vorschnell auf einzelne Technologien festlegen. Stattdessen braucht es klare Rahmenbedingungen, die Innovationen in allen Bereichen ermöglichen. Dazu gehört auch der Abbau bestehender regulatorischer Hürden und Verwaltungsvorgaben, die neue Antriebstechnologien ausbremsen. Ziel muss eine praxisnahe, technologieoffene Transformation sein – für eine saubere Zukunft und ein wirtschaftlich starkes Güterkraftverkehrsgewerbe.

Das ADAC/TÜV Rheinland TruckSymposium ist eine seit dem Jahr 2006 etablierte Fachtagung, die stets am ersten Tag des Internationalen ADAC Truck Grand Prix am Nürburgring stattfindet. Sie bringt Spediteure und Transportunternehmer mit Entscheidungsträgern aus der Politik, Behörden und Verbänden zusammen, um gemeinsam Lösungen für drängende Probleme des Straßentransports zu diskutieren und entsprechende Empfehlungen zu erarbeiten.
 

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