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Mittelrhein | 12.07.2024

Truck Symposium: Klimafreundliche Logistik im Spannungsfeld zwischen Markt & technischen Herausforderungen

Dieses und weitere aktuelle Themen der Transportbranche standen im Mittelpunkt des 17. TruckSymposiums, das der ADAC Mittelrhein und TÜV Rheinland am 12. Juli im Rahmen des Internationalen ADAC Truck-Grand-Prix am Nürburgring ausrichteten.

124 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Verbänden, Behörden, Politik und Medien tauschten sich im Bitburger Event-Center zu den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen der Transportbranche aus.

Die Moderatoren Prof. Dr. Dirk Engelhardt (Vorstandssprecher Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung) und Prof. Dr. Peter König (Vorstand Verkehr und Technik ADAC Mittelrhein e.V.) begrüßten dazu auf dem Podium Staatssekretär Andy Becht von der rheinland-pfälzischen Landesregierung, Ralf Strunk (Geschäftsführer TÜV Rheinland), ADAC Technikpräsident Karsten Schulze und Rudi Speich (Vorsitzender ADAC Mittelrhein).

„Für die Transport- und Logistikbranche gibt es so viele Herausforderungen wie noch nie. Der Klimaschutz ist dabei ganz essenziell und ich freue mich, dass wir so viele hochkarätige Referenten vor Ort haben“, sagte Rudi Speich, Vorsitzender des ADAC Mittelrhein, zu Beginn der Veranstaltung.

Klimaschutz im Fokus von Transport & Logistik

Mit dabei waren Dr.-Ing. Stephan Schnorpfeil (SEGULA Technologies), Denis Bischof (Stadtwerke Bonn), Marco Lietz (Neste Germany GmbH), Dr. Michael Nutto (PTV Logistics), Prof. Dr. phil. Dirk Lohre (Hochschule Heilbronn) und Maximilian Lohrer (NOW GmbH).

Die Experten referierten u.a. über die staatlichen Lenkungsmaßnahmen und Förderungen mit Blick auf den Übergang zu einem emissionslosen Straßengüterverkehr. Berücksichtigt wurden dabei sowohl batterieelektrische Fahrzeuge als auch Brennstoffzellen-Lkw. Ebenso standen regenerative Kraftstoffe als umweltfreundliche Zwischenschritte zu einer emissionslosen Zukunft für den Straßengüterverkehr im Fokus.

Prof. Dr. phil. Dirk Lohre (Hochschule Heilbronn) fasste zu Beginn die aktuelle Mauterhöhung mit CO2-Emissionsklassen als Tarifmerkmal und ihre direkten Auswirkungen zusammen. Der Anteil des Verkehrs insgesamt an den Emissionen in Deutschland liegt bei 19,8 %; davon erzeugt die Transportlogistik ca. ein Drittel. Obwohl es gelungen ist, aufgrund besserer Motoren und Abgastechnik den CO2-Ausstoß der Nutzfahrzeuge zu senken, ist dieser Emissionsrückgang durch die gestiegenen Fahrleistungen nahezu wieder ausgeglichen worden. Ein Ergebnis, das im Sinne des Klimaschutzes nicht befriedigen kann.

Dr. Michael Nutto (PTV Logistics) zeigte in seinem Beitrag Lösungen auf, wie man die exakten CO2-Werte der eigenen Flotte ermittelt und damit die Basis legt, um in weiteren Schritten die eigenen Emissionen senken zu können. Dazu demonstrierte er, wie man mittels des EV-Routenplaners die Umstellung des Fuhrparks auf elektrische Fahrzeuge planen kann.

Eine weitere Alternative zum Diesel-Lkw auf der Fernstrecke sind Brennstoffzellen-Lkw. Dr. Stephan Schnorpfeil (SEGULA Technologies) erläuterte dem Fachpublikum, wie diese Antriebsart für den Schwerlastverkehr einzuordnen ist. Dazu beleuchtete er die Anwender-seite und stellte die Anforderungen für den Erwerb eines Brennstoffzellen-Lkw vor.

Die Stadtwerke Bonn Verkehrs GmbH (SWB Bus und Bahn) ist bei der Einführung von batterieelektrischen Stadtbussen einen großen Schritt vorangegangen und steht kurz vor der kompletten Umstellung des Fuhrparkes auf die Elektromobilität. Denis Bischof (Stadtwerke Bonn) berichtete über die gesammelten Erfahrungen und die Herausforderungen, vor denen die SWB Bus und Bahn bei dieser Umstellung steht.

Ein weiterer wichtiger Baustein im Übergang zum emissionslosen Verkehr stellt HVO 100 (Hydrotreated Vegetable Oils) als umweltfreundlicher Kraftstoff dar, welcher in Diesel-motoren störungsfrei verbrennt und ohne technische Veränderung an den Aggregaten arbeitet. Dazu referierte Marco Lietz von der Neste Germany GmbH. HVO 100 sei nahezu klimaneutral und sei in hinreichend großer Menge auf dem Markt verfügbar, um einen relevanten Klimaschutzbeitrag im Straßenverkehr zu leisten, betonte Lietz.

Politik muss Transformation intensiver unterstützen

Festzuhalten bleibt, dass der Übergang zum emissionslosen Straßengüterverkehr der Zukunft schneller forciert werden muss. Die Fahrzeugindustrie stehe in puncto E-Lkw und Brennstoffzellen-Lkw noch ganz am Anfang und die Fahrzeuge stünden erst in wenigen Jahren in ausreichender Menge auf dem Markt zur Verfügung.

Die Teilnehmenden waren sich einig, dass Bund und Länder weiterhin diese ersten Schritte intensiv begleiten und fördern müssen. Darüber hinaus müssen sie sich beim Ausbau der Ladenetze und Wasserstofftankanlagen entlang der Fernverkehrsstrecken stärker als bisher engagieren, wenn die hochgesteckten Klimaziele im Straßengüterverkehr bis 2030 erreicht werden sollen.

Tenor der Experten: Die Politik müsse mehr auf Wirtschaft und Wissenschaft hören und die Transformation unbürokratisch, langfristig und technologieoffen unterstützen. Dazu sei es zwingend notwendig, mehr Mittel bereitzustellen, um die Infrastruktur des Güterverkehrs auf Schiene und Straße zu modernisieren, nachhaltige Antriebe zu fördern, Anreize für private Investoren und insgesamt bessere Marktbedingungen zu schaffen. So sei beispielsweise die Transformation im Fuhrpark politisch gewünscht, aber dies erfordert Investitionen. Eine gleichzeitige Mauterhöhung schmälert jedoch den finanziellen Spielraum der Unternehmen.

„Bei den Klimakonferenzen in Paris und New York standen die Themen Klimaschutz und Infrastruktur auf der Agenda. Jetzt müssen alle liefern und die Transformation angehen. Dazu müssen wir offen miteinander umgehen. Das ist die Waffe der Wahl und deshalb sind Veranstaltungen wie diese sehr wichtig“, betonte Staatsekretär Andy Becht.

Als Ergebnis der Fachvorträge und Diskussionen formulierte die Experten folgende sechs Empfehlungen und Forderungen für die Transport- und Logistikbranche:


1. Mauterhöhung pausieren lassen!

Zum 1.12.2023 wurden die Maut CO2-Emissionsklassen als neues Tarifmerkmal eingeführt und zugleich wurde diese Abgabe auf Lkw ab 3,5 t zul. Gesamtmasse erweitert. Im Rahmen der Lkw-Maut wird nun ein CO2-Aufschlag pro Tonne CO2 erhoben. Damit beabsichtigt die Politik, eine Lenkungswirkung im Transportmarkt zu erreichen – weg von Diesel-Lkw, hin zu mautbefreiten batterieelektrischen und Brennstoffzellen-Lkw, die bis Ende 2025 vom CO2-Aufschlag freigestellt sind.

Gleichzeitig befindet sich die Fahrzeugindustrie jedoch bestenfalls am Produktionsstart von emissionslosen Lkw – es gibt schlicht noch kein quantitativ ernstzunehmendes Angebot an emissionslosen Nutzfahrzeugen, auf das Fuhrunternehmer zugreifen können. Die gedachte Lenkungswirkung verpufft also, die CO2-Maut wirkt nur als eine Mauterhöhung, der der Unternehmer nicht ausweichen kann.

Hinzu kommt, dass der Anteil des Verkehrsetats, der durch die Maut bestritten wird, immer weitere ansteigt und sie nicht einmal insgesamt in den Verkehrsetat fließt, sondern ein nicht unerheblicher Anteil für allgemeine Zwecke missbraucht wird. De facto steht für die Politik also – entgegen den Versprechungen bei Einführung – die Maut als allgemeine Einnahmequelle im Vordergrund, nicht mehr das Generieren zusätzlicher Mittel für die Straßeninfrastruktur oder eine geeignete Lenkungswirkung.

Notwendig ist es daher, diesen Baustein der Lkw-Maut auszusetzen, bis genügend Lkw mit emissionslosem Antrieb auf dem Markt verfügbar sind. Zugleich ist die CO2-Mautbefreiung für emissionslose Lkw bis Ende 2025 zu kurz gegriffen, da sich bis dahin die Marktsituation nicht entspannt haben wird.

2. Schnellerer Ausbau der Ladeinfrastruktur für batteriegetriebene und Wasserstoff-Lkw!

Zusätzlich zum batterieelektrischen Antrieb wird die Wasserstofftechnologie für Nutzfahrzeuge immer wichtiger, sowohl per Brennstoffzelle als auch als Wasserstoff-Verbrenner-Motor.

Parallel zum Anlaufen der Fahrzeugproduktion von batteriegetriebenen und Wasserstoff-Lkw muss daher das Ladenetz mit Schnellladesystemen (400 kW und mehr) bzw. Wasserstofftankstellen in der Fläche beschleunigt auf- und ausgebaut werden, damit Unternehmen mit derartigen Fahrzeugen in ihrer Flotte überhaupt ihre Transportaufgaben bewältigen können.

Dazu gehört auch, das diesbezügliche Planungsrecht zu verschlanken und die bauverzögernde bzw. -erschwerende Genehmigungsbürokratie auf das Nötigste zu reduzieren. Nur so kann das Ziel, die Emissionen im Verkehr bis 2030 gegenüber 1990 um 48 % zu reduzieren, überhaupt erreicht werden.Erst wenn ausreichende Ladeinfrastruktur absehbar ist, reicht die Planungssicherheit für Unternehmen aus.

3. Nicht nur die Anschaffung von emissionslosen Lkw, sondern auch die Umrüstung der Betriebshöfe und -abläufe muss finanziell gefördert werden!

Gerade in der aktuellen Anfangszeit sind batterieelektrische und Brennstoffzellen-Lkw aufgrund der noch geringen Produktionszahlen ein Vielfaches teurer als Diesel-Lkw. Irgendwann wird voraussichtlich bei den Anschaffungspreisen für Null-Emissions-Lkw eine Kostenparität zu Diesel-Lkw gegeben sein.

Bis dahin muss die Fahrzeugbeschaffung finanziell weiter wie bisher gefördert bzw. die Mehrkosten kompensiert werden. Pläne, die Förderung von emissionsfreien Fahrzeugen einzustellen, stehen dem Bestreben, den Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten, kontraproduktiv gegenüber.

Auch Betriebshöfe lassen sich nicht von heute auf morgen auf E-Mobilität umrüsten, zumal hier oft auch (bau)planungsrechtliche Belange berührt sind. Auch dieser Teil der Umstellung benötigt Zeit und kostet erhebliche Investitionsmittel. Ohne staatliche Förderung auch bei der Umrüstung der Betriebshöfe und der Ausbildung der Mitarbeiter (E-Mechatroniker) sowie der Weiterentwicklung von Fuhrparkmanagementsystemen wird sich die E-Mobilität im Güterkraftverkehr nicht oder nur sehr langsam umsetzen lassen.

Darüber hinaus sind Investitionen in Betriebsabläufe erforderlich, insbesondere in auf neue Antriebsarten abgestimmte Tourenplanungen einschließlich entsprechender komplexer Software. Gerade für kleine Unternehmen, die auch als Subunternehmer unverzichtbar sind, ist dies schwer zu stemmen, nicht nur in der Beschaffung, sondern auch in der Personalqualifizierung.

Hier dürfen politische Wünsche nicht bedenkenlos auf Kosten der Branche vorgegeben werden, zumal angesichts des derzeitigen Strom-Mixes in Deutschland die CO2-Emissionen Diesel-betriebener und batterie-elektrischer Fahrzeuge pro kWh in etwa gleich sind. Die schlechtere Ökobilanz der Fahrzeugherstellung bei Batterie-elektrischen Fahrzeugen noch nicht eingerechnet.

4. Staubedingte CO2-Emissionen in der Transportlogistik weiter reduzieren!

Stauverkehre sind ein richtiger Emissions-Hotspot! Länder und Kommunen haben es schon jetzt in der Hand mitzuhelfen, Emissionen durch verkehrssteuernde Maßnahmen zumindest innerstädtisch weiter zu reduzieren.

Nachtbelieferung mit geräuscharmen Fahrzeugen in der innerstädtischen Transportlogistik, Einführung von Mikro-Hubs in Städten und verstärkte Einrichtung von Ladezonen helfen, den innerstädtischen Verkehr zu entlasten und damit Emissionen einzusparen. Durch erleichterte Zulieferregelungen für E-Fahrzeuge (24 Stunden Lieferzeit) können Kommunen zudem zusätzliche Anreize bieten, auf emissionslose Fahrzeuge umzusteigen.

Im Fernverkehr ist (neben dem Umstieg auf E-Fahrzeuge) eine verbesserte Verkehrs- und Baustellenleitung ein Ansatz, um emissionsfördernde Staus zu vermeiden. Hier kann auch der Ausbau der Car2Car-Kommunikation bzw. Car2X-Kommunikation den Verkehr flüssiger halten.

5. Investitionen in die Straßeninfrastruktur dienen auch dem Umweltschutz!

Beständige Investitionen in die Infrastruktur ermöglichen einen flüssigen und stauarmen Straßengüterverkehr und verhindern so vermeidbare, zusätzliche Emissionen. Marode Straßenabschnitte und Brücken führen dazu, dass der Verkehr weiträumig, oft für mehrere Jahre umgeleitet werden muss. Längere Fahrstrecken auf teils überlasteten Nebenstrecken mit zu geringer Kapazität erhöhen die Belastungen für Umwelt und Anwohner.

Rechtzeitige Planung und Durchführung, vor allem aber ausreichende Finanzierung von anstehenden Instandsetzungen oder Ersatzbauten mindern die Verkehrsbelastungen, vermeiden zusätzliche Emissionen und dienen daher ebenfalls dem Umweltschutz.

6. HVO leistet einen signifikanten Klimaschutzbeitrag. Das ist auch im Rahmen der LKW-Mauterhebung zu berücksichtigen!

Über den Lebenszyklus betrachtet, entsteht bei HVO-Treibstoffen aus Pflanzenöl gegenüber herkömmlichem Mineralöl-Diesel 90 % weniger Emissionen, da die bei der Verbrennung freigesetzten CO2-Emissionen der Menge entsprechen, die die erneuerbaren Rohstoffe zuvor aufgenommen haben.

HVO 100 ist kompatibel zu allen Dieselmotoren und der bestehenden Dieselinfrastruktur. Für diesen Kraftstoff bedarf es also keinerlei Investitionen in die Motoren- und Tankstellentechnik, so dass er auch von daher nachhaltig und umweltfreundlich ist. Auch die Bahn stellt derzeit im Rahmen ihrer Ökologisierung verstärkt auf HVO um.

Hinreichend große Mengen HVO sind marktverfügbar, um einen relevanten Klimaschutzbeitrag im Straßenverkehr zu leisten – als umweltfreundliche Übergangsalternative für einen sofortigen Klimaschutz-Beitrag innerhalb der Bestandsflotte, bis Elektro- und Brennstoffzellen-Lkw in ausreichender Menge auf dem Markt verfügbar sind.

Mit einem verbesserten Angebot würde sich der noch relativ leicht erhöhte Preis je Liter HVO dem des bisherigen Dieseltreibstoffes weiter angleichen.

Wenn die Politik es mit der Lenkungswirkung der LKW-Maut hin zur Reduzierung von CO2-Emissionen ernst meint, muss sie HVO als ökologischen Beitrag im Rahmen der Mauterhebung berücksichtigen!
 

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