ADAC Mittelrhein & TÜV Rheinland: Sechs Forderungen für eine erfolgreiche Zukunft der Transport- und Logistik-Branche
Personalmangel, fehlende Stellplätze, Sanierungsbedarf der Verkehrsinfrastruktur sowie neue Antriebskonzepte – die Herausforderungen für Güterverkehr und Logistik sind groß. Diese und weitere aktuelle Themen der Transportbranche standen im Mittelpunkt des 15. TruckSymposiums, welches beide Unternehmen im Vorfeld des Int. ADAC Truck-Grand-Prix am Nürburgring ausrichteten.
Bei der Fachtagung tauschten sich am 15. Juli rund 110 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Verbänden, Behörden, Politik und Medien zu den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen aus.
Mit dabei waren unter anderem Staatssekretär Andy Becht (Landesregierung Rheinland-Pfalz), Prof. Dr. Dirk Engelhardt (Vorstandssprecher Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung), Stephan Krenz (Vorsitzender der Geschäftsführung Autobahn GmbH des Bundes), Dr. Gerhard Schulz (Vorsitzender der Geschäftsführung Toll Collect GmbH), Ralf Strunk (Geschäftsführer TÜV Rheinland Kraftfahrt GmbH), Ralf Merkelbach (Leiter Key Account Management BPW Bergische Achsen KG), Gerhard Grünig (Chefredakteur Springer Fachmedien), Thomas Bastian (Head of Global Experts TüV Rheinland Academy & Life Care) sowie ADAC Technikpräsident Gerhard Hillebrand und Rudi Speich (Vorsitzender ADAC Mittelrhein).
Im Nachgang wurden folgende Empfehlungen und Forderungen für die Transport- und Logistikbranche herausgearbeitet:
1. Parkplatzmangel für LKW an Autobahnen – alle Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen und privatwirtschaftliche Möglichkeiten berücksichtigen!
Der LKW-Verkehr auf deutschen Autobahnen nimmt fortwährend zu. Allein zwischen 2008 und 2018 hat sich die Anzahl nachts abgestellter Lkw um 38 Prozent erhöht, ohne dass die Kapazitäten verfügbarer Stellplätze für LKW an oder in der Nähe von Autobahnen auch nur annähernd entsprechend erweitert worden wären.
Die damit verbundene Suche nach Stellplätzen ist nicht nur für das Fahrpersonal unzumutbar, sie ist oftmals auch ein erhebliches Problem für die Verkehrssicherheit, wenn etwa verbotenerweise Flächen im Ein- und Ausfahrtbereich genutzt werden.
Zur kurzfristigen Verbesserung der Lage müssen konsequent alle Möglichkeiten genutzt werden,
- zur flächendeckenden Erfassung freier Stellplätze, um LKW-Fahrerinnen und -Fahrern durch digitale Informationssysteme die Suche zu erleichtern, auch die Nutzung von verfügbaren Sozialen Medien durch öffentliche Verkehrszentralen darf dabei kein Tabu sein,
- um vorhandene Flächen besser auszunutzen, wie etwa beim telematischen LKW-Parken,
- mit privaten Unternehmen zu kooperieren, um vorhandene gewerbliche Flächen im Umfeld von Autobahnen als provisorische Parkplätze auszustatten (Sicherheit, Sanitär) und – ggf. auch flexibel nur für bestimmte Tageszeiten – für LKW zur Verfügung zu stellen.
2. Bedarfsorientierten Ausbau von Rastanlagen und LKW-Stellplätzen langfristig planen!
Funktionierende Transportketten sind Grundlage allen Wirtschaftens. Dies setzt gerade in Deutschland als europäischem Transitland eine realistische, bedarfsorientierte Langfristplanung von Infrastrukturkapazitäten voraus. Politische Scheuklappen und ideologische Auslegungen haben dies in der Vergangenheit zu oft verhindert.
Auch hier ist die Erlangung des Baurechts ein großes Hindernis. Das Schaffen von LKW-Parkplätzen muss im öffentlichen Interesse an funktionierenden Transportwegen baurechtlich priorisiert und beschleunigt werden. Dazu müssen insbesondere Planungsstrukturen, -regeln und -prozesse neu gedacht und (Beteiligungs)Verfahren hinterfragt werden.
Die Erhaltung und der bedarfsorientierte Ausbau des übergeordneten Straßennetzes einschließlich seiner Nebenanlagen muss an realistischen Verkehrsschätzungen ausgerichtet und dann konsequent umgesetzt werden, auch um staubedingte Emissionen/Umweltschäden so gering wie möglich zu halten.
3. Attraktivität der Berufsausübung steigern um Nachwuchsgewinnung zu erleichtern!
Eine wesentliche Frage der Nachwuchsgewinnung ist die Attraktivität der Berufsausübung. Hierbei spielt die Freizeit- und Pausengestaltung eine große Rolle und damit Zustand und Möglichkeiten der Park- und Rastanlagen.
Um unsere Transportketten zu erhalten muss auch in die bestehenden Parkanlagen verstärkt investiert werden, insbesondere in
- Sauberkeit und Reinigungszyklen der Sanitäranlagen und der Müllentsorgung,
- Sicherheit,
- Nachhaltigkeit,
- Komfort (z.B. digitale Informationen zur Verkehrslage) und mindestens zeitweilige rudimentäre Versorgungsmöglichkeiten (etwa mobile Food Stations).
4. Förderprogramme zuverlässig und unbürokratisch organisieren!
In der Gesamtkostenrechnung schwerer LKW rechnet sich das batteriebetriebene Fahrzeug derzeit nur mit entsprechender Förderung gegenüber dem Diesel-LKW. Die politisch gewollte, flächendeckende Einführung setzt daher weitere Förderung voraus.
Investitionen in neue Fahrzeuge erfordern gerade für kleinere Unternehmen jedoch langfristige Planbarkeit. Förderprogramme müssen daher verständlich sein, zuverlässig – so wie vorher angekündigt – und mit einem Minimum an bürokratischem Aufwand zur Verfügung stehen!
Schlussprüfungen sollte sich auf den Erfolg der jeweiligen Förderung konzentrieren, nicht auf Einzelheiten der Maßnahmen.
Darüberhinaus darf sich die Konzeption von Förderprogrammen nicht allein auf die Anschaffung von E-Fahrzeugen beschränken, sondern muss auch die damit verbundenen Nebenkosten konkret in den Blick nehmen (etwa geeignete Stromanschlüsse auf dem Betriebshof, geeignete Fachleute mit den erforderlichen Zulassungen für Wartungs- und Reparaturarbeiten, ggf. besondere Abstellflächen aufgrund Brandgefahr beim Laden, mehr Personal, Ersatzteile etc. etc.), wenn eine Flottendurchdringung in nennenswerten Zahlen erreicht werden soll.
5. Unabhängiges Batteriebewertungssystem etablieren für den Gebrauchtfahrzeugmarkt!
Zustand, Restkapazität und Restreichweite der Batterie eines E-Fahrzeugs sind ein wesentlicher Teil von dessen Restwert im Gebrauchtfahrzeugmarkt. Dieser wiederum spielt eine wesentliche Rolle bei den Investitionsentscheidungen von Transportunternehmern.
Eine große Herausforderung ist daher die Verwaltung der Batterie über ihren gesamten Lebenszyklus, da der jeweilige Restwert der Batterie stark davon abhängt, wie ein Fahrzeug genutzt wurde.
Hier braucht es ein einheitliches, marktreifes, unabhängiges Bewertungssystem, dem sowohl Verkäufer als auch Käufer vertrauen.
6. Fachkräftesicherung strategisch planen und endlich angehen!
Die Sicherung einer ausreichenden Menge an Fachkräften ist die größte Herausforderung der deutschen Wirtschaft. Der bereits heute drängende Fahrermangel in der Transportbranche wird sich von derzeit rund 80.000 offenen Stellen auf geschätzt 160.000 offene Stellen im Jahr 2030 verdoppeln.
Trotz diverser Maßnahmen, zur Verbesserungen bei Arbeitsbedingungen und Ansehen des Berufsbildes Berufskraftfahrer befindet sich Deutschland aufgrund der bekannten demographischen Rahmenbedingungen mit den anderen Ländern Europas in einem harten Wettbewerb um Fachkräfte.
Ein Teil der Lösung ist die Anwerbung internationaler Fachkräfte. Viele Unternehmen sind jedoch nicht darauf eingestellt, denn dazu bedarf es Fachwissen zu Visa, Berufsanerkennung, Länder- und Vertragsrecht, Integrationsmanagement und vielem mehr. Spezialisierte Dienstleister, etwa die TÜV Rheinland Akademie, können hier deutschen Unternehmen zur Seite stehen und internationale Fachkräfte vermitteln, die alle erforderlichen praktischen Fähigkeiten und formalen Voraussetzungen mitbringen – eingeschlossen der entsprechenden Prozessabwicklung.
Dies bedingt auch seitens der Unternehmen jedoch langfristiges Interesse an internationalen Fachkräften und gleichberechtigte Arbeitsbedingungen.
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