Berliner Verkehrspolitik schränkt Lebensqualität vieler Menschen ein
ADAC Berlin-Brandenburg fordert die Wiedereinführung der Gästeparkvignette und Ersatzmaßnahmen für wegfallende Parkplätze
Der Druck auf autofahrende Menschen in der Hauptstadt wird immer größer. Seit längerem fallen ersatzlos hunderte Parkplätze weg. Außerdem wurde der Gästeparkausweis von der Verkehrssenatorin Regine Günther zum 1. März 2021 abgeschafft – ohne Bürgerbeteiligung und Ankündigung im Vorfeld. „Das ist nicht nur schlechter Stil, sondern aus unserer Sicht nicht länger hinnehmbar. Die Abschaffung der Gästevignette ist unverhältnismäßig und muss umgehend rückgängig gemacht werden,“ fordert Volker Krane, Verkehrsvorstand des ADAC Regionalclubs.
Wer Familie oder Freunde in Berliner Zonen mit Parkraumbewirtschaftung besuchte, konnte bisher sein Auto mit dem Gästeparkausweis günstig abstellen. Lediglich Gebühren zwischen 10,20 Euro für drei Tage und 25 Euro für maximal vier Wochen waren an das Bürgeramt zu zahlen und der teure Ticketkauf am Parkautomaten entfiel. Jetzt sind Ausnahmegenehmigungen für Gästevignetten nur noch für Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen vorgesehen – verbunden mit erheblichem bürokratischem Antragsaufwand. „Wer in die Innenstadt zum Shoppen kommt, kann zweifellos die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, aber wenn auswärtige Familien mit kleinen Kindern die Großeltern in Berlin besuchen, muss es praktikable und gästefreundliche Lösungen geben, ganz zu schweigen für pflegende Angehörige“, so Krane. Dafür ist und bleibt eine Gästevignette zum kostengünstigeren Parken sehr wichtig. Sonst befürchtet der Club auch eine zunehmende Vereinsamung älterer Menschen.
Die Gästevignette passe laut Verkehrssenatorin nicht zum Ziel des Mobilitätsgesetzes, den Autoverkehr zu reduzieren. „Diese kleinliche Verbotspolitik wird den überflüssigen Autoverkehr nicht aus den Kiezen verdrängen, sondern schränkt stattdessen die Lebensqualität vieler Menschen ein, wenn Besuche mit dem Auto unnötig verteuert und erschwert werden“, beklagt der Verkehrsvorstand. Die Kritik des ADAC richtet sich dabei keineswegs gegen die Parkraumbewirtschaftung, im Gegenteil: Sie ist sogar ein wichtiges Instrument, um die Anwohnerschaft vom Parkdruck zu entlasten und das knappe Gut an Parkplätzen gerechter zu verteilen.
Dringend erforderlich: Parkraumkonzepte
Schon seit längerem geht der Berliner Verkehrssenat keineswegs zimperlich mit Parkplätzen um. So sind beispielsweise zuletzt am Tempelhofer Damm 800 Stellplätze zugunsten einer kombinierten Bus-Rad-Spur weggefallen. Auf Dauer werden an dieser Hauptverkehrsader rund 300 Parkplätze reduziert. Die Rechnung, weniger Parkplätze gleich weniger Autos, wird nicht aufgehen. Vielmehr nimmt der Parksuchverkehr weiter zu. Dieser macht ohnehin schon ca. 30 Prozent des innerstädtischen Pkw-Verkehrsaufkommens aus und birgt ein erhöhtes Unfallrisiko.
Bei Parkplatzabbau ist es deshalb laut ADAC dringend geboten, bereits im Vorfeld Parkraumkonzepte zu erstellen und ein zeitgemäßes Parkleitsystem zu installieren, um den Parksuchverkehr nicht ausufern zu lassen und die Anwohner besser mitzunehmen. Parkraumkonzepte sollten auf einer Angebots- und Nachfrageanalyse basieren. Vorhandene wie wegfallende Parkplätze müssen dafür endlich dokumentiert werden. „In Kombination mit einem guten Parkleitsystem und in Zusammenarbeit mit Parkhausbetreibern, die auch Dauerparkplätze für Anwohner anbieten müssen, kann eine gerechtere Verteilung gelingen“, ist Verkehrsvorstand Krane überzeugt.
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