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Berlin-Brandenburg | 26.04.2023

Nachhaltige Mobilität: Berlin und Brandenburg treten auf der Stelle

ADAC Mobilitätsindex weist hohen Handlungsbedarf für die Metropolregion auf

Sauber, sicher, zuverlässig und bezahlbar – so sollte nachhaltige Mobilität sein. Mit dem Mobilitätsgesetz hat sich Berlin 2018 genau diesen Zielen verpflichtet und dennoch ist die Hauptstadt weit davon entfernt. Auch Brandenburg kommt auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilität kaum vom Fleck.

Das belegt der zweite vom ADAC und dem Analyse- und Beratungsunternehmen Prognos entwickelte Mobilitätsindex, der die Mobilitäts-Entwicklungen deutschlandweit unter die Lupe nimmt. Zwar hat sich die Situation in den Jahren 2020 und 2021 in Berlin und Brandenburg im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert. Dies ist jedoch auf die vorübergehend geringere Verkehrsnachfrage durch die Corona-Pandemie zurückzuführen.

Berlin schneidet schlechter ab als der Bundesdurchschnitt

In drei der fünf Bewertungsdimensionen schnitt Berlin schlechter ab als der Bund. Einen Negativtrend verzeichnet der Stadtstaat vor allem in Bezug auf die Zuverlässigkeit im Straßenverkehr. Entscheidend dafür ist, dass das Staugeschehen 2020 nicht abnahm und sich 2021 sogar nochmals intensivierte. In Relation zur sehr niedrigen Autobahnlänge sind die Staus in keinem anderen Bundesland länger. Unter anderem haben erhebliche Baumaßnahmen am Straßennetz den Verkehr massiv eingeschränkt.

„Der Berliner Verkehr muss flüssiger werden. Die Auswirkungen von Großbaustellen auf den städtischen Verkehr gilt es deshalb rechtzeitig zu erkennen, um den Verkehrsfluss entsprechend steuern zu können. Die Politik sollte sich zudem noch stärker auf den ÖPNV in seiner Schlüsselfunktion konzentrieren und dessen Ausbau verstärkt vorantreiben“, sagt Martin Koller, Vorstand Verkehr im ADAC Berlin-Brandenburg.

Stauentwicklung: Ausblick macht wenig Hoffnung

Stau-Frust durch Baustellen wird Autofahrende in Berlin auch in den kommenden Jahren begleiten. So stehen unter anderem zahlreiche Brückeninstandsetzungen an (z.B. Elsenbrücke, Rudolf-Wissel-Brücke). Darüber hinaus erwartet der ADAC Regionalclub massive Verkehrseinschränkungen durch den Umbau des Dreiecks Funkturm.

Staus und stockender Verkehr tragen auch dazu bei, dass die Stickstoffdioxidbelastung in der dicht besiedelten Stadt über dem deutschen Durchschnitt liegt. Beim Thema Klima und Umwelt profitiert Berlin lediglich statistisch, denn seit dem Umzug des Willy-Brandt-Flughafens 2020 werden der Energieverbrauch und die Treibhausgas-Emissionen des BER dem Land Brandenburg zugerechnet.

Unfallschwerpunkt Kreuzung

In der Rubrik Verfügbarkeit macht sich die Schließung des Flughafens Tegel bemerkbar. So sank der Indexwert leicht, obwohl an anderer Stelle die Verfügbarkeit von Mobilität zunahm, zum Beispiel durch den Ausbau von U-Bahn-Anbindungen und Radverkehrswegen.

Auffällige Ergebnisse liefert der Index auch im Bereich der Verkehrssicherheit: Bei der Unfallzahl pro Kopf liegt Berlin wegen der hohen Verkehrsdichte deutlich über dem Durchschnitt der Bundesländer. Die Zahl der Schwerverletzten war 2021 nur geringfügig niedriger als 2015, die Zahl der Getöteten fand sich bereits 2021 wieder auf dem Niveau von 2019. Das größte Unfallrisiko besteht nach wie vor an Kreuzungen mit abbiegenden Lkw. Mehr als die Hälfte der getöteten Radfahrenden waren Opfer von Abbiegeunfällen. Hier sieht der ADAC Berlin-Brandenburg akuten Handlungsbedarf seitens der Landesregierung.

Brandenburg: Volle Pendlerachsen und Nachholbedarf in Sachen Anschluss

Berlin ist als politisches Zentrum ein wichtiger Knotenpunkt für Straße und Schiene. Dass die Hauptstadt genau in der Mitte Brandenburgs liegt, spielt für die verkehrliche Erschließung eine erhebliche Rolle. Schließlich queren die aus unterschiedlichen Richtungen auf die Hauptstadt zulaufenden Verkehrsachsen weite Teile ihres Nachbarlandes. Für Brandenburg bedeutet das aber nicht überall eine wirkungsvolle Erschließung: Vor allem in der Fläche fehlen weitgehend Querverbindungen und Zugangspunkte. Das ist ein zentrales Ergebnis des ADAC Mobilitätsindex´.

Die Fahrzeiten zum nächsten Fernbahnhof oder Zentrum sind in Brandenburg so lang wie in kaum einem anderen Bundesland. Dies gilt insbesondere im Schienenverkehr. Die geringe Siedlungsdichte und die großen Entfernungen erschweren den wirtschaftlichen Betrieb eines leistungsfähigen ÖPNV. Daraus resultiert eine erhebliche Autoabhängigkeit und folglich eine hohe Motorisierungsquote. Einige Regionen sind jedoch auch weit von der nächsten Autobahnauffahrt entfernt.

Die Probleme eines Flächenlandes

Das Umland von Berlin sowie die brandenburgischen Zentren sind im Gegensatz zum Flächenland besser erschlossen. Auf den Autobahnen herrscht trotz der geringen Bevölkerungsdichte häufig Stau. Ursachen dafür sind der überregionale Durchgangsverkehr von und nach Berlin sowie zahlreiche Baustellen. Und so entwickelte sich der Zuverlässigkeits-Index im Bundesländervergleich negativ. Nach sinkenden Stauintensitäten 2020 bewegte sich der Indexwert bereits 2021 wieder schnell in Richtung des Niveaus vor der Pandemie.

„Brandenburg hat natürlich weiterhin mit den Problemen eines Flächenlandes zu kämpfen, in dem es schwer ist, einen flächendeckenden ÖPNV zu errichten. Mittelfristig muss hier vor allem der Zugang zur Schiene ausgebaut, kurzfristig das vorhandene Potenzial durch mehr Park-and-Ride-Plätze wahrgenommen werden“, fordert Martin Koller. Der Ausbau von P+R-Möglichkeiten im Speckgürtel Berlins könnte dem ADAC Berlin-Brandenburg zufolge erheblich dazu beitragen, den Umstieg vom Auto auf den Nah- und Regionalverkehr zu erleichtern und somit die Straßen zu entlasten. Denn durch das Wachstum Berlins und Potsdams sowie punktuelle Großansiedlungen wie am Flughafen BER und an der Tesla-Fabrik könnten die Verkehrsmengen in Brandenburg weiter zunehmen.

Bundesweites Fazit des Mobilitätsindex´

Auch wenn die Corona-Pandemie insgesamt positive Auswirkungen auf den Mobilitätsindex hatte, ist für den ADAC erzwungener Mobilitätsverzicht keine realistische Option, um die Nachhaltigkeit der Mobilität dauerhaft zu verbessern. Das Bedürfnis der Menschen nach Mobilität ist weiterhin groß. Der Club geht davon aus, dass die Indexwerte für das Jahr 2022 fast wieder auf dem Niveau des Jahres 2019 liegen werden. Daher sind sowohl Politik und Wirtschaft aber auch jede einzelne Privatperson gefordert, zu Verbesserungen beizutragen.

Zum Mobilitätsindex

Der ADAC Mobilitätsindex ist eine wissenschaftliche Bewertung der Entwicklungen im Bereich der Mobilität. Dazu werden zahlreiche Indikatoren erfasst und transparent gemacht. Sie berücksichtigen wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Aspekte. Der Mobilitätsindex bildet dies durch fünf Bewertungsdimensionen ab: Verkehrssicherheit, Klima und Umwelt, Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Bezahlbarkeit. 


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