ADAC Luftrettung fliegt 52.234 Einsätze
Einsatzbilanz 2021 im Zeichen von Pandemie und Hochwasserkatastrophe / Starker Zuwachs an Alarmierungen in Bayern und Sachsen / Hamburg bekommt H145 mit Rettungswinde, Köln fliegt mit Nachtsichtgeräten / Stationen in Berlin, Koblenz und Wittlich mit mehr als 2000 Einsätzen / Sieben Prozent mehr Einsätze der Windenstationen – Rekordzahl im Ahrtal
(ADAC Luftrettung gGmbH) Corona-Krise und Hochwasserkatastrophe – gleich zwei Extremereignisse haben die Arbeit der gemeinnützigen ADAC Luftrettung im vergangenen Jahr stark geprägt. Wie aus der aktuellen Einsatzstatistik hervorgeht, mussten die ADAC Rettungshubschrauber 2021 zu insgesamt 52.234 Notfällen ausrücken. Das sind rund 500 Einsätze mehr im Vergleich zum Vorjahr (plus ein Prozent) und entspricht durchschnittlich 143 Alarmierungen pro Tag. Damit hat sich das Einsatzgeschehen der fliegenden Gelben Engel auch trotz der anhaltenden Pandemie auf dem hohen Vor-Corona-Niveau eingependelt.
Einsatzgrund Nummer eins waren bei den oft lebensrettenden Einsätzen mit 32 Prozent Verletzungen nach Unfällen. Dazu gehören Freizeit-, Sport-, Schul- und Verkehrsunfälle. Dahinter folgen mit 30 Prozent Notfälle des Herz-Kreislauf-Systems wie Herzinfarkte und Herzrhythmusstörungen. In 14 Prozent der Fälle diagnostizierten die Lebensretter aus der Luft neurologische Notfälle wie zum Beispiel einen Schlaganfall. Bei acht Prozent war ein Notfall des Atmungssystems wie akute Atemnot oder Asthma die Ursache. Bei fast jedem zehnten Patienten handelte es sich um Kinder oder Jugendliche.
Die meisten Einsatzorte lagen in Bayern mit 12.179 (Vorjahr 11.106), hier befinden sich auch die meisten Stationen. Dahinter folgen Rheinland-Pfalz mit 9129 (9328), Nordrhein-Westfalen mit 5509 (5542) und Niedersachsen mit 5313 (5169). Unter den 37 Stationen liegt in der Einsatzstatistik weiterhin Berlin vorne. „Christoph 31“ flog in und um die Hauptstadt zu 2195 Notfällen, dahinter folgen im bundesweiten Städteranking die Stationen Koblenz (2111) und Wittlich (2036) in Rheinland-Pfalz vor Ochsenfurt (1891) und Straubing (1775) in Bayern. Die höchsten Einsatzsteigerungen verzeichneten die acht bayerischen Stationen (insgesamt plus 10 Prozent) und mit „Christoph 61“ (plus acht Prozent) und „Christoph 63“ (plus zehn Prozent) die beiden ADAC Rettungshubschrauber in Sachsen. Beide Bundesländer waren 2021 besonders von der Pandemie betroffen.
Dass die notfallmedizinische Versorgung aus der Luft in Deutschland trotz nunmehr vier Coronawellen über zwei Jahre bis heute uneingeschränkt und unfallfrei sichergestellt werden konnte, sei vor dem Hintergrund der zusätzlichen Belastungen der Crews durch Spezialeinsätze wie der Verlegung von Covid-19-Patienten oder mit Rettungswinde in den Hochwassergebieten eine herausragende Leistung und nicht hoch genug einzuschätzen, erklärte Frédéric Bruder, Geschäftsführer der ADAC Luftrettung gGmbH bei der Vorstellung der Jahresbilanz.
Die Zahl der Corona-Einsätze lag mit 823 leicht über dem Niveau des Vorjahres (rund 800). Darunter waren 165 Verlegungstransporte von schwer an Covid-19 Erkrankten. Die meisten davon übernahmen der Intensivtransporthubschrauber „Christoph Rheinland“ aus Köln und „Christoph 112“. Der erste bundesweit alarmierbare Rettungs- und Intensivtransporthubschrauber ist im Auftrag des Landes Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen stationiert. In den Überschwemmungsgebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hatte die ADAC Luftrettung im Juli und August mehr als 200 Rettungseinsätze absolviert, darunter 111 Windenrettungen. Der hierfür extra zur Verfügung gestellte und ins Ahrtal verlegte ADAC Rettungshubschrauber „Christoph 23 Bravo“ flog bereits in den ersten Stunden 36 Spezialeinsätze, um Menschen von Dächern oder aus von Wasser eingeschlossenen Häusern und Plätzen zu retten. So viele Windeneinsätze hintereinander ist seit Bestehen der ADAC Luftrettung noch kein ADAC Rettungshubschrauber an einem Tag geflogen. „Die ADAC Luftrettung hat hier solidarisch, unbürokratisch und schnell gehandelt und war auf dem Höhepunkt der Flutkatastrophe Dank ihrer Größe und Leistungsfähigkeit in der Lage, diese lebensrettende Hilfe über Nacht zu organisieren“, sagte Geschäftsführer Bruder.
Um dem steigenden Bedarf an Transporten von Intensivpatienten gerecht zu werden, stellt die ADAC Luftrettung der Station von „Christoph Hansa“ in Hamburg ab sofort einen größeren und leistungsstärkeren Helikopter des Typs H145 zur Verfügung. Die „fliegende Intensivstation“ von Airbus Helicopters wird im Sommer zusätzlich mit einer Rettungswinde ausgerüstet. Die Gesamtzahl der Windeneinsätze hat bundesweit bereits das fünfte Jahr in Folge deutlich zugenommen. Die bestehenden Windenstationen in München, Murnau, Straubing (alle Bayern) und Sande (Niedersachsen) verzeichneten 2021 mit 365 (342) ein Plus von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Flüge in der Dämmerung und Dunkelheit wurden insgesamt 2658 absolviert. Darunter sind auch hochanspruchsvolle Notfalleinsätze in der Nacht mit Landung an unbeleuchteten Landeplätzen. Möglich sind sie unter anderem durch spezielle Nachtsichtbrillen als Teil eines hochmodernen „Night-Vision-Imaging-Systems“, kurz NVIS genannt. Solche Einsätze fliegen die Crews der Stationen in Senftenberg in Brandenburg, Greven in Westfalen, Sanderbusch in Niedersachsen, Mainz in Rheinland-Pfalz sowie – neu seit Dezember 2021 – auch Ulm in Baden-Württemberg. Als sechste Nightvision-Station fliegt solche Spezialeinsätze ab Ende Februar auch „Christoph Rheinland“ – im Rahmen einer Erweiterung der Einsatzzeiten im Winter bis 20.15 Uhr und im Sommer bis 21.45 Uhr. Die neu modernisierte Station des Intensivtransporthubschraubers am Flughafen Köln/Bonn ist seit kurzem auch Standort des ersten Forschungsprojektes zum Einsatz von umweltfreundlichem Biokerosin in der Luftrettung.
Das Thema Nachhaltigkeit spielt auch bei der Fortführung der Machbarkeitsstudie zum Einsatz von Multikoptern im Rettungsdienst eine große Rolle. Außerdem beschäftigt sich die ADAC Luftrettung weiter mit neuen Technologien und der Frage, wie der Luftraum für Rettungshubschrauber bei immer mehr Drohnen sicherer gestaltet werden kann. „Mit solchen Forschungs- und Wissenschaftsprojekten unterstreichen wir unseren Anspruch und satzungsgemäßen Auftrag, den Rettungsdienst aus der Luft mit zukunftsweisenden Innovationen weiterzuentwickeln und zum Wohle des Patienten noch besser und sicherer zu gestalten“, betonte Geschäftsführer Bruder.
Bei ihrer Arbeit können die Crews der ADAC Luftrettung auf die modernsten Rettungshubschrauber der Typen H135 und H145 von Airbus Helicopters zurückgreifen. Darunter befindet sich mit „Christoph Westfalen“ in Greven auch die erste H145 mit Fünfblattrotor. Im Rahmen der Flottenerweiterung werden sukzessive alle bestehenden Helikopter des Typs H145 von vier auf fünf Rotorblätter umgebaut: für höhere Reichweite, deutlich mehr Zuladung und noch bessere Patientenversorgung an Bord.
Mit der bestehenden Flotte wurden 2021 rund 3,3 Millionen Kilometer zurückgelegt. Das sind rund 100.000 Kilometer mehr als ein Jahr zuvor. Die durchschnittliche Flugzeit bei einem Einsatz beträgt rund 30 Minuten. Bundesweit arbeiten für die ADAC Luftrettung gGmbH und deren Tochterunternehmen fast 1300 Menschen – darunter rund 170 Piloten, etwa 600 Notärzte, 250 Notfallsanitäter (TC HEMS) und 130 Techniker. In der Regel besteht das Team einer Station aus drei Piloten, fünf Notfallsanitätern und 15 Notärzten. Die Station „Christophorus Europa 3“ in Suben, Österreich, wird gemeinsam mit dem ÖAMTC Christophorus Flugrettungsverein, Wien, betrieben. Die ADAC Luftrettung fliegt mit Hubschrauber und Piloten hier im Winterhalbjahr – im Sommer der ÖAMTC.
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